Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

tragen. Was ihn vorzüglich so ganz und gar ver¬
stimmt, ist der Gedanke, der ihn beständig ver¬
folgt, daß hier irgend etwas Entsetzliches gesche¬
hen werde: daher hat ihn Ihr Abenteuer, das
zum Glück ohne üble Folgen blieb, gewiß tief er¬
schüttert. Nicht den geringsten seiner Diener will
er der mindesten Gefahr ausgesetzt wissen, viel
weniger einen lieben neugewonnenen Freund, und
ich weiß gewiß, daß Gottlieb, dem er Schuld gibt,
Sie im Stiche gelassen zu haben, wo nicht mit
Gefängniß bestraft werden, doch die beschämende
Jägerstrafe dulden wird, ohne Gewehr, mit einem
Knittel in der Hand, sich dem Jagdgefolge an¬
schließen zu müssen. Schon, daß solche Jagden,
wie hier, nie ohne Gefahr sind, und daß der Ba¬
ron, immer Unglück befürchtend, doch in der Freude
und Lust daran, selbst den bösen Dämon neckt,
bringt etwas Zerrissenes in sein Leben, das feind¬
lich selbst auf mich wirken muß. Man erzählt
viel Seltsames von dem Ahnherrn, der das Ma¬
jorat stiftete, und ich weiß es wohl, daß ein dü¬

tragen. Was ihn vorzuͤglich ſo ganz und gar ver¬
ſtimmt, iſt der Gedanke, der ihn beſtaͤndig ver¬
folgt, daß hier irgend etwas Entſetzliches geſche¬
hen werde: daher hat ihn Ihr Abenteuer, das
zum Gluͤck ohne uͤble Folgen blieb, gewiß tief er¬
ſchuͤttert. Nicht den geringſten ſeiner Diener will
er der mindeſten Gefahr ausgeſetzt wiſſen, viel
weniger einen lieben neugewonnenen Freund, und
ich weiß gewiß, daß Gottlieb, dem er Schuld gibt,
Sie im Stiche gelaſſen zu haben, wo nicht mit
Gefaͤngniß beſtraft werden, doch die beſchaͤmende
Jaͤgerſtrafe dulden wird, ohne Gewehr, mit einem
Knittel in der Hand, ſich dem Jagdgefolge an¬
ſchließen zu muͤſſen. Schon, daß ſolche Jagden,
wie hier, nie ohne Gefahr ſind, und daß der Ba¬
ron, immer Ungluͤck befuͤrchtend, doch in der Freude
und Luſt daran, ſelbſt den boͤſen Daͤmon neckt,
bringt etwas Zerriſſenes in ſein Leben, das feind¬
lich ſelbſt auf mich wirken muß. Man erzaͤhlt
viel Seltſames von dem Ahnherrn, der das Ma¬
jorat ſtiftete, und ich weiß es wohl, daß ein duͤ¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0148" n="140"/>
tragen. Was ihn vorzu&#x0364;glich &#x017F;o ganz und gar ver¬<lb/>
&#x017F;timmt, i&#x017F;t der Gedanke, der ihn be&#x017F;ta&#x0364;ndig ver¬<lb/>
folgt, daß hier irgend etwas Ent&#x017F;etzliches ge&#x017F;che¬<lb/>
hen werde: daher hat ihn Ihr Abenteuer, das<lb/>
zum Glu&#x0364;ck ohne u&#x0364;ble Folgen blieb, gewiß tief er¬<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;ttert. Nicht den gering&#x017F;ten &#x017F;einer Diener will<lb/>
er der minde&#x017F;ten Gefahr ausge&#x017F;etzt wi&#x017F;&#x017F;en, viel<lb/>
weniger einen lieben neugewonnenen Freund, und<lb/>
ich weiß gewiß, daß Gottlieb, dem er Schuld gibt,<lb/>
Sie im Stiche gela&#x017F;&#x017F;en zu haben, wo nicht mit<lb/>
Gefa&#x0364;ngniß be&#x017F;traft werden, doch die be&#x017F;cha&#x0364;mende<lb/>
Ja&#x0364;ger&#x017F;trafe dulden wird, ohne Gewehr, mit einem<lb/>
Knittel in der Hand, &#x017F;ich dem Jagdgefolge an¬<lb/>
&#x017F;chließen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Schon, daß &#x017F;olche Jagden,<lb/>
wie hier, nie ohne Gefahr &#x017F;ind, und daß der Ba¬<lb/>
ron, immer Unglu&#x0364;ck befu&#x0364;rchtend, doch in der Freude<lb/>
und Lu&#x017F;t daran, &#x017F;elb&#x017F;t den bo&#x0364;&#x017F;en Da&#x0364;mon neckt,<lb/>
bringt etwas Zerri&#x017F;&#x017F;enes in &#x017F;ein Leben, das feind¬<lb/>
lich &#x017F;elb&#x017F;t auf mich wirken muß. Man erza&#x0364;hlt<lb/>
viel Selt&#x017F;ames von dem Ahnherrn, der das Ma¬<lb/>
jorat &#x017F;tiftete, und ich weiß es wohl, daß ein du&#x0364;¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0148] tragen. Was ihn vorzuͤglich ſo ganz und gar ver¬ ſtimmt, iſt der Gedanke, der ihn beſtaͤndig ver¬ folgt, daß hier irgend etwas Entſetzliches geſche¬ hen werde: daher hat ihn Ihr Abenteuer, das zum Gluͤck ohne uͤble Folgen blieb, gewiß tief er¬ ſchuͤttert. Nicht den geringſten ſeiner Diener will er der mindeſten Gefahr ausgeſetzt wiſſen, viel weniger einen lieben neugewonnenen Freund, und ich weiß gewiß, daß Gottlieb, dem er Schuld gibt, Sie im Stiche gelaſſen zu haben, wo nicht mit Gefaͤngniß beſtraft werden, doch die beſchaͤmende Jaͤgerſtrafe dulden wird, ohne Gewehr, mit einem Knittel in der Hand, ſich dem Jagdgefolge an¬ ſchließen zu muͤſſen. Schon, daß ſolche Jagden, wie hier, nie ohne Gefahr ſind, und daß der Ba¬ ron, immer Ungluͤck befuͤrchtend, doch in der Freude und Luſt daran, ſelbſt den boͤſen Daͤmon neckt, bringt etwas Zerriſſenes in ſein Leben, das feind¬ lich ſelbſt auf mich wirken muß. Man erzaͤhlt viel Seltſames von dem Ahnherrn, der das Ma¬ jorat ſtiftete, und ich weiß es wohl, daß ein duͤ¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/148
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/148>, abgerufen am 27.11.2024.