Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

loren haben?" -- Diese anmuthige Wendung, mit
der die Baronin ihrer lebhaften Theilnahme so¬
gleich alle Mißdeutung abschnitt, brachte mich au¬
genblicklich in richtigen Ton und Takt. Ich weiß
selbst nicht, wie es kam, daß ich nicht, wie ge¬
wöhnlich, mich an das Instrument setzte, sondern
neben der Baronin auf dem Kanapee Platz nahm.
Mit dem Wort: "Und wie kamen Sie denn in
Gefahr?" erwies sich unser Einverständniß, daß es
heute nicht auf Musik, sondern auf Gespräch ab¬
gesehen sey." Nachdem ich meine Abenteuer im
Walde erzählt, und der lebhaften Theilnahme des
Barons erwähnt, mit der leisen Andeutung, daß
ich ihn deren nicht für fähig gehalten, fing die
Baronin mit sehr weicher, beinahe wehmüthiger
Stimme an: "O wie muß Ihnen der Baron so
stürmisch, so rauh vorkommen, aber glauben Sie
mir, nur während des Aufenthalts in diesen fin¬
stern unheimlichen Mauern, nur während des
wilden Jagens in den öden Föhrenwäldern ändert
er sein ganzes Wesen, wenigstens sein äußeres Be¬

loren haben?“ — Dieſe anmuthige Wendung, mit
der die Baronin ihrer lebhaften Theilnahme ſo¬
gleich alle Mißdeutung abſchnitt, brachte mich au¬
genblicklich in richtigen Ton und Takt. Ich weiß
ſelbſt nicht, wie es kam, daß ich nicht, wie ge¬
woͤhnlich, mich an das Inſtrument ſetzte, ſondern
neben der Baronin auf dem Kanapee Platz nahm.
Mit dem Wort: „Und wie kamen Sie denn in
Gefahr?“ erwies ſich unſer Einverſtaͤndniß, daß es
heute nicht auf Muſik, ſondern auf Geſpraͤch ab¬
geſehen ſey.“ Nachdem ich meine Abenteuer im
Walde erzaͤhlt, und der lebhaften Theilnahme des
Barons erwaͤhnt, mit der leiſen Andeutung, daß
ich ihn deren nicht fuͤr faͤhig gehalten, fing die
Baronin mit ſehr weicher, beinahe wehmuͤthiger
Stimme an: „O wie muß Ihnen der Baron ſo
ſtuͤrmiſch, ſo rauh vorkommen, aber glauben Sie
mir, nur waͤhrend des Aufenthalts in dieſen fin¬
ſtern unheimlichen Mauern, nur waͤhrend des
wilden Jagens in den oͤden Foͤhrenwaͤldern aͤndert
er ſein ganzes Weſen, wenigſtens ſein aͤußeres Be¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0147" n="139"/>
loren haben?&#x201C; &#x2014; Die&#x017F;e anmuthige Wendung, mit<lb/>
der die Baronin ihrer lebhaften Theilnahme &#x017F;<lb/>
gleich alle Mißdeutung ab&#x017F;chnitt, brachte mich au¬<lb/>
genblicklich in richtigen Ton und Takt. Ich weiß<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t nicht, wie es kam, daß ich nicht, wie ge¬<lb/>
wo&#x0364;hnlich, mich an das In&#x017F;trument &#x017F;etzte, &#x017F;ondern<lb/>
neben der Baronin auf dem Kanapee Platz nahm.<lb/>
Mit dem Wort: &#x201E;Und wie kamen Sie denn in<lb/>
Gefahr?&#x201C; erwies &#x017F;ich un&#x017F;er Einver&#x017F;ta&#x0364;ndniß, daß es<lb/>
heute nicht auf Mu&#x017F;ik, &#x017F;ondern auf Ge&#x017F;pra&#x0364;ch ab¬<lb/>
ge&#x017F;ehen &#x017F;ey.&#x201C; Nachdem ich meine Abenteuer im<lb/>
Walde erza&#x0364;hlt, und der lebhaften Theilnahme des<lb/>
Barons erwa&#x0364;hnt, mit der lei&#x017F;en Andeutung, daß<lb/>
ich ihn deren nicht fu&#x0364;r fa&#x0364;hig gehalten, fing die<lb/>
Baronin mit &#x017F;ehr weicher, beinahe wehmu&#x0364;thiger<lb/>
Stimme an: &#x201E;O wie muß Ihnen der Baron &#x017F;o<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch, &#x017F;o rauh vorkommen, aber glauben Sie<lb/>
mir, nur wa&#x0364;hrend des Aufenthalts in die&#x017F;en fin¬<lb/>
&#x017F;tern unheimlichen Mauern, nur wa&#x0364;hrend des<lb/>
wilden Jagens in den o&#x0364;den Fo&#x0364;hrenwa&#x0364;ldern a&#x0364;ndert<lb/>
er &#x017F;ein ganzes We&#x017F;en, wenig&#x017F;tens &#x017F;ein a&#x0364;ußeres Be¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0147] loren haben?“ — Dieſe anmuthige Wendung, mit der die Baronin ihrer lebhaften Theilnahme ſo¬ gleich alle Mißdeutung abſchnitt, brachte mich au¬ genblicklich in richtigen Ton und Takt. Ich weiß ſelbſt nicht, wie es kam, daß ich nicht, wie ge¬ woͤhnlich, mich an das Inſtrument ſetzte, ſondern neben der Baronin auf dem Kanapee Platz nahm. Mit dem Wort: „Und wie kamen Sie denn in Gefahr?“ erwies ſich unſer Einverſtaͤndniß, daß es heute nicht auf Muſik, ſondern auf Geſpraͤch ab¬ geſehen ſey.“ Nachdem ich meine Abenteuer im Walde erzaͤhlt, und der lebhaften Theilnahme des Barons erwaͤhnt, mit der leiſen Andeutung, daß ich ihn deren nicht fuͤr faͤhig gehalten, fing die Baronin mit ſehr weicher, beinahe wehmuͤthiger Stimme an: „O wie muß Ihnen der Baron ſo ſtuͤrmiſch, ſo rauh vorkommen, aber glauben Sie mir, nur waͤhrend des Aufenthalts in dieſen fin¬ ſtern unheimlichen Mauern, nur waͤhrend des wilden Jagens in den oͤden Foͤhrenwaͤldern aͤndert er ſein ganzes Weſen, wenigſtens ſein aͤußeres Be¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/147
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/147>, abgerufen am 13.10.2024.