Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

"das ist denn doch ein rechtes Unglück! -- ach, ich
soll denn hier nun einmal keine Freude haben!" --
Ich suchte in dem Behälter des Instruments und
fand glücklicher Weise einige Rollen Saiten, aber
durchaus keinen Stimmhammer! -- Neue Kla¬
gen! -- "Jeder Schlüssel, dessen Bart in die Wir¬
bel passe, könne gebraucht werden," erklärte ich;
da liefen beide, die Baronin und Fräulein Adel¬
heid, freudig hin und wieder, und nicht lange
dauerte es, so lag ein ganzes Magazin blanker
Schlüsselchen vor mir auf dem Resonanzboden.

Nun machte ich mich emsig drüber her --
Fräulein Adelheid, die Baronin selbst mühte sich
mir beizustehen, diesen -- jenen Wirbel probirend
-- Da zieht einer den trägen Schlüssel an, "es
geht, es geht!" riefen sie freudig -- Da rauscht
die Saite, die sich schier bis zur Reinheit herange¬
ächzt, gesprungen auf und erschrocken fahren sie
zurück! -- Die Baronin handthiert mit den klei¬
nen zarten Händchen in den spröden Drathsaiten,

„das iſt denn doch ein rechtes Ungluͤck! — ach, ich
ſoll denn hier nun einmal keine Freude haben!“ —
Ich ſuchte in dem Behaͤlter des Inſtruments und
fand gluͤcklicher Weiſe einige Rollen Saiten, aber
durchaus keinen Stimmhammer! — Neue Kla¬
gen! — „Jeder Schluͤſſel, deſſen Bart in die Wir¬
bel paſſe, koͤnne gebraucht werden,“ erklaͤrte ich;
da liefen beide, die Baronin und Fraͤulein Adel¬
heid, freudig hin und wieder, und nicht lange
dauerte es, ſo lag ein ganzes Magazin blanker
Schluͤſſelchen vor mir auf dem Reſonanzboden.

Nun machte ich mich emſig druͤber her —
Fraͤulein Adelheid, die Baronin ſelbſt muͤhte ſich
mir beizuſtehen, dieſen — jenen Wirbel probirend
— Da zieht einer den traͤgen Schluͤſſel an, „es
geht, es geht!“ riefen ſie freudig — Da rauſcht
die Saite, die ſich ſchier bis zur Reinheit herange¬
aͤchzt, geſprungen auf und erſchrocken fahren ſie
zuruͤck! — Die Baronin handthiert mit den klei¬
nen zarten Haͤndchen in den ſproͤden Drathſaiten,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="122"/>
&#x201E;das i&#x017F;t denn doch ein rechtes Unglu&#x0364;ck! &#x2014; ach, ich<lb/>
&#x017F;oll denn hier nun einmal keine Freude haben!&#x201C; &#x2014;<lb/>
Ich &#x017F;uchte in dem Beha&#x0364;lter des In&#x017F;truments und<lb/>
fand glu&#x0364;cklicher Wei&#x017F;e einige Rollen Saiten, aber<lb/>
durchaus keinen Stimmhammer! &#x2014; Neue Kla¬<lb/>
gen! &#x2014; &#x201E;Jeder Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, de&#x017F;&#x017F;en Bart in die Wir¬<lb/>
bel pa&#x017F;&#x017F;e, ko&#x0364;nne gebraucht werden,&#x201C; erkla&#x0364;rte ich;<lb/>
da liefen beide, die Baronin und Fra&#x0364;ulein Adel¬<lb/>
heid, freudig hin und wieder, und nicht lange<lb/>
dauerte es, &#x017F;o lag ein ganzes Magazin blanker<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;elchen vor mir auf dem Re&#x017F;onanzboden.</p><lb/>
        <p>Nun machte ich mich em&#x017F;ig dru&#x0364;ber her &#x2014;<lb/>
Fra&#x0364;ulein Adelheid, die Baronin &#x017F;elb&#x017F;t mu&#x0364;hte &#x017F;ich<lb/>
mir beizu&#x017F;tehen, die&#x017F;en &#x2014; jenen Wirbel probirend<lb/>
&#x2014; Da zieht einer den tra&#x0364;gen Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el an, &#x201E;es<lb/>
geht, es geht!&#x201C; riefen &#x017F;ie freudig &#x2014; Da rau&#x017F;cht<lb/>
die Saite, die &#x017F;ich &#x017F;chier bis zur Reinheit herange¬<lb/>
a&#x0364;chzt, ge&#x017F;prungen auf und er&#x017F;chrocken fahren &#x017F;ie<lb/>
zuru&#x0364;ck! &#x2014; Die Baronin handthiert mit den klei¬<lb/>
nen zarten Ha&#x0364;ndchen in den &#x017F;pro&#x0364;den Drath&#x017F;aiten,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0130] „das iſt denn doch ein rechtes Ungluͤck! — ach, ich ſoll denn hier nun einmal keine Freude haben!“ — Ich ſuchte in dem Behaͤlter des Inſtruments und fand gluͤcklicher Weiſe einige Rollen Saiten, aber durchaus keinen Stimmhammer! — Neue Kla¬ gen! — „Jeder Schluͤſſel, deſſen Bart in die Wir¬ bel paſſe, koͤnne gebraucht werden,“ erklaͤrte ich; da liefen beide, die Baronin und Fraͤulein Adel¬ heid, freudig hin und wieder, und nicht lange dauerte es, ſo lag ein ganzes Magazin blanker Schluͤſſelchen vor mir auf dem Reſonanzboden. Nun machte ich mich emſig druͤber her — Fraͤulein Adelheid, die Baronin ſelbſt muͤhte ſich mir beizuſtehen, dieſen — jenen Wirbel probirend — Da zieht einer den traͤgen Schluͤſſel an, „es geht, es geht!“ riefen ſie freudig — Da rauſcht die Saite, die ſich ſchier bis zur Reinheit herange¬ aͤchzt, geſprungen auf und erſchrocken fahren ſie zuruͤck! — Die Baronin handthiert mit den klei¬ nen zarten Haͤndchen in den ſproͤden Drathſaiten,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/130
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/130>, abgerufen am 13.10.2024.