Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

ronesse vor, und wie es in solcher Stimmung, wie
die meinige war, zu geschehen pflegt, ich nahm
mich unbeschreiblich albern, indem ich auf die ein¬
fachen Fragen der holden Frau, wie es mir auf dem
Schlosse gefalle u. s., mich in die wunderlichsten
sinnlosesten Reden verfing, so daß die alten Tanten
meine Verlegenheit wohl lediglich dem profunden
Respekt vor der Herrin zuschrieben, sich meiner
huldreich annehmen zu müssen glaubten, und mich
in französischer Sprache als einen ganz artigen und
geschickten jungen Menschen, als einen garcon
tres joli
anpriesen. Das ärgerte mich, und plötz¬
lich mich ganz beherrschend, fuhr mir ein Witzwort
heraus in besserem Französisch, als die Alten es
sprachen, worauf sie mich mit großen Augen an¬
guckten und die langen spitzen Nasen reichlich mit
Tabak bedienten. An dem ernsteren Blick der Ba¬
ronesse, mit dem sie sich von mir ab zu einer andern
Dame wandte, merkte ich, daß mein Witzwort hart
an eine Narrheit streifte, das ärgerte mich noch
mehr, und ich verwünschte die Alten in den Ab¬

roneſſe vor, und wie es in ſolcher Stimmung, wie
die meinige war, zu geſchehen pflegt, ich nahm
mich unbeſchreiblich albern, indem ich auf die ein¬
fachen Fragen der holden Frau, wie es mir auf dem
Schloſſe gefalle u. ſ., mich in die wunderlichſten
ſinnloſeſten Reden verfing, ſo daß die alten Tanten
meine Verlegenheit wohl lediglich dem profunden
Reſpekt vor der Herrin zuſchrieben, ſich meiner
huldreich annehmen zu muͤſſen glaubten, und mich
in franzoͤſiſcher Sprache als einen ganz artigen und
geſchickten jungen Menſchen, als einen garçon
très joli
anprieſen. Das aͤrgerte mich, und ploͤtz¬
lich mich ganz beherrſchend, fuhr mir ein Witzwort
heraus in beſſerem Franzoͤſiſch, als die Alten es
ſprachen, worauf ſie mich mit großen Augen an¬
guckten und die langen ſpitzen Naſen reichlich mit
Tabak bedienten. An dem ernſteren Blick der Ba¬
roneſſe, mit dem ſie ſich von mir ab zu einer andern
Dame wandte, merkte ich, daß mein Witzwort hart
an eine Narrheit ſtreifte, das aͤrgerte mich noch
mehr, und ich verwuͤnſchte die Alten in den Ab¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0118" n="110"/>
rone&#x017F;&#x017F;e vor, und wie es in &#x017F;olcher Stimmung, wie<lb/>
die meinige war, zu ge&#x017F;chehen pflegt, ich nahm<lb/>
mich unbe&#x017F;chreiblich albern, indem ich auf die ein¬<lb/>
fachen Fragen der holden Frau, wie es mir auf dem<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e gefalle u. &#x017F;., mich in die wunderlich&#x017F;ten<lb/>
&#x017F;innlo&#x017F;e&#x017F;ten Reden verfing, &#x017F;o daß die alten Tanten<lb/>
meine Verlegenheit wohl lediglich dem profunden<lb/>
Re&#x017F;pekt vor der Herrin zu&#x017F;chrieben, &#x017F;ich meiner<lb/>
huldreich annehmen zu mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en glaubten, und mich<lb/>
in franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;cher Sprache als einen ganz artigen und<lb/>
ge&#x017F;chickten jungen Men&#x017F;chen, als einen <hi rendition="#aq">garçon<lb/>
très joli</hi> anprie&#x017F;en. Das a&#x0364;rgerte mich, und plo&#x0364;tz¬<lb/>
lich mich ganz beherr&#x017F;chend, fuhr mir ein Witzwort<lb/>
heraus in be&#x017F;&#x017F;erem Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch, als die Alten es<lb/>
&#x017F;prachen, worauf &#x017F;ie mich mit großen Augen an¬<lb/>
guckten und die langen &#x017F;pitzen Na&#x017F;en reichlich mit<lb/>
Tabak bedienten. An dem ern&#x017F;teren Blick der Ba¬<lb/>
rone&#x017F;&#x017F;e, mit dem &#x017F;ie &#x017F;ich von mir ab zu einer andern<lb/>
Dame wandte, merkte ich, daß mein Witzwort hart<lb/>
an eine Narrheit &#x017F;treifte, das a&#x0364;rgerte mich noch<lb/>
mehr, und ich verwu&#x0364;n&#x017F;chte die Alten in den Ab¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0118] roneſſe vor, und wie es in ſolcher Stimmung, wie die meinige war, zu geſchehen pflegt, ich nahm mich unbeſchreiblich albern, indem ich auf die ein¬ fachen Fragen der holden Frau, wie es mir auf dem Schloſſe gefalle u. ſ., mich in die wunderlichſten ſinnloſeſten Reden verfing, ſo daß die alten Tanten meine Verlegenheit wohl lediglich dem profunden Reſpekt vor der Herrin zuſchrieben, ſich meiner huldreich annehmen zu muͤſſen glaubten, und mich in franzoͤſiſcher Sprache als einen ganz artigen und geſchickten jungen Menſchen, als einen garçon très joli anprieſen. Das aͤrgerte mich, und ploͤtz¬ lich mich ganz beherrſchend, fuhr mir ein Witzwort heraus in beſſerem Franzoͤſiſch, als die Alten es ſprachen, worauf ſie mich mit großen Augen an¬ guckten und die langen ſpitzen Naſen reichlich mit Tabak bedienten. An dem ernſteren Blick der Ba¬ roneſſe, mit dem ſie ſich von mir ab zu einer andern Dame wandte, merkte ich, daß mein Witzwort hart an eine Narrheit ſtreifte, das aͤrgerte mich noch mehr, und ich verwuͤnſchte die Alten in den Ab¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/118
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/118>, abgerufen am 27.11.2024.