Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817.

Bild:
<< vorherige Seite

entzündet, und wozu es denn nun eigentlich füh¬
ren solle, sie mit den grauenvollen Bildern zu äng¬
stigen, die ein entsetzliches, ihre Liebe zerstörendes
Geschick weissagten. -- Sie, Nathanael und
Clara, saßen in der Mutter kleinem Garten,
Clara war sehr heiter, weil Nathanael sie seit
drei Tagen, in denen er an jener Dichtung schrieb,
nicht mit seinen Träumen und Ahnungen geplagt
hatte. Auch Nathanael sprach lebhaft und
froh von lustigen Dingen wie sonst, so, daß
Clara sagte: Nun erst habe ich Dich ganz wie¬
der, siehst Du es wohl, wie wir den häßlichen
Coppelius vertrieben haben? Da fiel dem
Nathanael erst ein, daß er ja die Dichtung
in der Tasche trage, die er habe vorlesen wollen.
Er zog auch sogleich die Blätter hervor und fing
an zu lesen: Clara, etwas langweiliges wie
gewöhnlich vermuthend und sich darein ergebend,
fing an, ruhig zu stricken. Aber so wie immer
schwärzer und schwärzer das düstre Gewölk auf¬
stieg, ließ sie den Strickstrumpf sinken und blickte
starr dem Nathanael ins Auge. Den riß

entzuͤndet, und wozu es denn nun eigentlich fuͤh¬
ren ſolle, ſie mit den grauenvollen Bildern zu aͤng¬
ſtigen, die ein entſetzliches, ihre Liebe zerſtoͤrendes
Geſchick weiſſagten. — Sie, Nathanael und
Clara, ſaßen in der Mutter kleinem Garten,
Clara war ſehr heiter, weil Nathanael ſie ſeit
drei Tagen, in denen er an jener Dichtung ſchrieb,
nicht mit ſeinen Traͤumen und Ahnungen geplagt
hatte. Auch Nathanael ſprach lebhaft und
froh von luſtigen Dingen wie ſonſt, ſo, daß
Clara ſagte: Nun erſt habe ich Dich ganz wie¬
der, ſiehſt Du es wohl, wie wir den haͤßlichen
Coppelius vertrieben haben? Da fiel dem
Nathanael erſt ein, daß er ja die Dichtung
in der Taſche trage, die er habe vorleſen wollen.
Er zog auch ſogleich die Blaͤtter hervor und fing
an zu leſen: Clara, etwas langweiliges wie
gewoͤhnlich vermuthend und ſich darein ergebend,
fing an, ruhig zu ſtricken. Aber ſo wie immer
ſchwaͤrzer und ſchwaͤrzer das duͤſtre Gewoͤlk auf¬
ſtieg, ließ ſie den Strickſtrumpf ſinken und blickte
ſtarr dem Nathanael ins Auge. Den riß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0052" n="44"/>
entzu&#x0364;ndet, und wozu es denn nun eigentlich fu&#x0364;<lb/>
ren &#x017F;olle, &#x017F;ie mit den grauenvollen Bildern zu a&#x0364;ng¬<lb/>
&#x017F;tigen, die ein ent&#x017F;etzliches, ihre Liebe zer&#x017F;to&#x0364;rendes<lb/>
Ge&#x017F;chick wei&#x017F;&#x017F;agten. &#x2014; Sie, <hi rendition="#g">Nathanael</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Clara</hi>, &#x017F;aßen in der Mutter kleinem Garten,<lb/><hi rendition="#g">Clara</hi> war &#x017F;ehr heiter, weil <hi rendition="#g">Nathanael</hi> &#x017F;ie &#x017F;eit<lb/>
drei Tagen, in denen er an jener Dichtung &#x017F;chrieb,<lb/>
nicht mit &#x017F;einen Tra&#x0364;umen und Ahnungen geplagt<lb/>
hatte. Auch <hi rendition="#g">Nathanael</hi> &#x017F;prach lebhaft und<lb/>
froh von lu&#x017F;tigen Dingen wie &#x017F;on&#x017F;t, &#x017F;o, daß<lb/><hi rendition="#g">Clara</hi> &#x017F;agte: Nun er&#x017F;t habe ich Dich ganz wie¬<lb/>
der, &#x017F;ieh&#x017F;t Du es wohl, wie wir den ha&#x0364;ßlichen<lb/><hi rendition="#g">Coppelius</hi> vertrieben haben? Da fiel dem<lb/><hi rendition="#g">Nathanael</hi> er&#x017F;t ein, daß er ja die Dichtung<lb/>
in der Ta&#x017F;che trage, die er habe vorle&#x017F;en wollen.<lb/>
Er zog auch &#x017F;ogleich die Bla&#x0364;tter hervor und fing<lb/>
an zu le&#x017F;en: <hi rendition="#g">Clara</hi>, etwas langweiliges wie<lb/>
gewo&#x0364;hnlich vermuthend und &#x017F;ich darein ergebend,<lb/>
fing an, ruhig zu &#x017F;tricken. Aber &#x017F;o wie immer<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;rzer und &#x017F;chwa&#x0364;rzer das du&#x0364;&#x017F;tre Gewo&#x0364;lk auf¬<lb/>
&#x017F;tieg, ließ &#x017F;ie den Strick&#x017F;trumpf &#x017F;inken und blickte<lb/>
&#x017F;tarr dem <hi rendition="#g">Nathanael</hi> ins Auge. <hi rendition="#g">Den</hi> riß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0052] entzuͤndet, und wozu es denn nun eigentlich fuͤh¬ ren ſolle, ſie mit den grauenvollen Bildern zu aͤng¬ ſtigen, die ein entſetzliches, ihre Liebe zerſtoͤrendes Geſchick weiſſagten. — Sie, Nathanael und Clara, ſaßen in der Mutter kleinem Garten, Clara war ſehr heiter, weil Nathanael ſie ſeit drei Tagen, in denen er an jener Dichtung ſchrieb, nicht mit ſeinen Traͤumen und Ahnungen geplagt hatte. Auch Nathanael ſprach lebhaft und froh von luſtigen Dingen wie ſonſt, ſo, daß Clara ſagte: Nun erſt habe ich Dich ganz wie¬ der, ſiehſt Du es wohl, wie wir den haͤßlichen Coppelius vertrieben haben? Da fiel dem Nathanael erſt ein, daß er ja die Dichtung in der Taſche trage, die er habe vorleſen wollen. Er zog auch ſogleich die Blaͤtter hervor und fing an zu leſen: Clara, etwas langweiliges wie gewoͤhnlich vermuthend und ſich darein ergebend, fing an, ruhig zu ſtricken. Aber ſo wie immer ſchwaͤrzer und ſchwaͤrzer das duͤſtre Gewoͤlk auf¬ ſtieg, ließ ſie den Strickſtrumpf ſinken und blickte ſtarr dem Nathanael ins Auge. Den riß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/52
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 1. Berlin, 1817, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke01_1817/52>, abgerufen am 18.05.2024.