stemmte sie beide Arme in die Seite und sprach mit höhnischem Ton: "Ey seht doch, eine Gräfin, eine Prinzessin! die findet man beim armen Buchbinder in der Kalbächer Gasse, die wird ohnmächtig auf der Straße! Ho ho, ich weiß wohl, wo man solche ge¬ putzte Dämchen zur Nachtzeit herholt! -- Das sind mir schöne Streiche, das ist mir eine saubere Auffüh¬ rung! -- Eine lockere Dirne ins ehrliche Haus brin¬ gen und damit das Maaß der Sünden noch voll werde, den Teufel anrufen in der heiligen Christnacht. -- Und da soll ich auf meine alten Tage noch die Hand dazu bieten? Nein mein Herr Tyß, da suchen Sie sich eine andere; mit mir ist es nichts, morgen verlaß ich den Dienst."
Und damit ging die Alte hinaus, und schlug die Thüre so heftig hinter sich zu, das alles klapperte und klirrte.
Peregrinus rang die Hände vor Angst und Ver¬ zweiflung, keine Spur des Lebens zeigte sich bei der Dame. Doch in dem Augenblick, als Peregrinus in der entsetzlichen Noth eine Flasche Kölnisches Wasser gefunden, und die Schläfe der Dame geschickt damit einreiben wollte, sprang sie ganz frisch und munter von dem Sopha auf und rief: "Endlich -- endlich sind wir allein! Endlich, o mein Peregrinus! darf
ſtemmte ſie beide Arme in die Seite und ſprach mit höhniſchem Ton: »Ey ſeht doch, eine Gräfin, eine Prinzeſſin! die findet man beim armen Buchbinder in der Kalbächer Gaſſe, die wird ohnmächtig auf der Straße! Ho ho, ich weiß wohl, wo man ſolche ge¬ putzte Dämchen zur Nachtzeit herholt! — Das ſind mir ſchöne Streiche, das iſt mir eine ſaubere Auffüh¬ rung! — Eine lockere Dirne ins ehrliche Haus brin¬ gen und damit das Maaß der Sünden noch voll werde, den Teufel anrufen in der heiligen Chriſtnacht. — Und da ſoll ich auf meine alten Tage noch die Hand dazu bieten? Nein mein Herr Tyß, da ſuchen Sie ſich eine andere; mit mir iſt es nichts, morgen verlaß ich den Dienſt.»
Und damit ging die Alte hinaus, und ſchlug die Thüre ſo heftig hinter ſich zu, das alles klapperte und klirrte.
Peregrinus rang die Hände vor Angſt und Ver¬ zweiflung, keine Spur des Lebens zeigte ſich bei der Dame. Doch in dem Augenblick, als Peregrinus in der entſetzlichen Noth eine Flaſche Kölniſches Waſſer gefunden, und die Schläfe der Dame geſchickt damit einreiben wollte, ſprang ſie ganz friſch und munter von dem Sopha auf und rief: »Endlich — endlich ſind wir allein! Endlich, o mein Peregrinus! darf
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ſtemmte ſie beide Arme in die Seite und ſprach mit
höhniſchem Ton: »Ey ſeht doch, eine Gräfin, eine
Prinzeſſin! die findet man beim armen Buchbinder in
der Kalbächer Gaſſe, die wird ohnmächtig auf der
Straße! Ho ho, ich weiß wohl, wo man ſolche ge¬
putzte Dämchen zur Nachtzeit herholt! — Das ſind
mir ſchöne Streiche, das iſt mir eine ſaubere Auffüh¬
rung! — Eine lockere Dirne ins ehrliche Haus brin¬
gen und damit das Maaß der Sünden noch voll werde,
den Teufel anrufen in der heiligen Chriſtnacht. — Und
da ſoll ich auf meine alten Tage noch die Hand dazu
bieten? Nein mein Herr Tyß, da ſuchen Sie ſich eine
andere; mit mir iſt es nichts, morgen verlaß ich den
Dienſt.»
Und damit ging die Alte hinaus, und ſchlug die
Thüre ſo heftig hinter ſich zu, das alles klapperte und
klirrte.
Peregrinus rang die Hände vor Angſt und Ver¬
zweiflung, keine Spur des Lebens zeigte ſich bei der
Dame. Doch in dem Augenblick, als Peregrinus in
der entſetzlichen Noth eine Flaſche Kölniſches Waſſer
gefunden, und die Schläfe der Dame geſchickt damit
einreiben wollte, ſprang ſie ganz friſch und munter
von dem Sopha auf und rief: »Endlich — endlich
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/47>, abgerufen am 16.07.2024.
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