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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

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Herz blieb todt und starr, niemals hat die wahrhafte
Liebe euer Wesen entzündet, niemals haben die Blu¬
men, die bunten leichtgeflügelten Insekten, zu Euch
gesprochen mit süßen Worten. Ihr glaubtet die ho¬
hen heiligen Wunder der Natur in frommer Bewun¬
derung und Andacht anzuschauen, aber indem ihr in
freveligem Beginnen die Bedingnisse jener Wunder
bis in den innersten Keim zu erforschen Euch abmüh¬
tet, vernichtetet ihr selbst jene Andacht, und die Er¬
kenntniß, nach der ihr strebtet, war nur ein Fan¬
tom, von dem ihr getäuscht wurdet, wie neugierige,
vorwitzige Kinder.

Thoren! euch gibt der Strahl des Karfunkels
keinen Trost, keine Hoffnung mehr.

"Ha, ha! noch ist wohl Trost, noch ist wohl
Hoffnung, die Alte begibt sich zu den Alten, das
ist 'ne Liebe, das ist 'ne Treue, das ist 'ne Zärtlich¬
keit. Und die Alte ist nun wirklich eine Königin und
führt ihr Swammerdämmchen, ihr Leuwenhöckchen
in ihr Reich und da sind sie schöne Prinzen und zup¬
fen Silberfaden und Goldfaden und Seidenstickchen
aus, und verrichten andere gescheute und sehr nützliche
Dinge."

So sprach die alte Aline, die plötzlich in wunder¬
lichen Kleidern angethan, welche beinahe dem Anzuge

Herz blieb todt und ſtarr, niemals hat die wahrhafte
Liebe euer Weſen entzündet, niemals haben die Blu¬
men, die bunten leichtgeflügelten Inſekten, zu Euch
geſprochen mit ſüßen Worten. Ihr glaubtet die ho¬
hen heiligen Wunder der Natur in frommer Bewun¬
derung und Andacht anzuſchauen, aber indem ihr in
freveligem Beginnen die Bedingniſſe jener Wunder
bis in den innerſten Keim zu erforſchen Euch abmüh¬
tet, vernichtetet ihr ſelbſt jene Andacht, und die Er¬
kenntniß, nach der ihr ſtrebtet, war nur ein Fan¬
tom, von dem ihr getäuſcht wurdet, wie neugierige,
vorwitzige Kinder.

Thoren! euch gibt der Strahl des Karfunkels
keinen Troſt, keine Hoffnung mehr.

»Ha, ha! noch iſt wohl Troſt, noch iſt wohl
Hoffnung, die Alte begibt ſich zu den Alten, das
iſt 'ne Liebe, das iſt 'ne Treue, das iſt 'ne Zärtlich¬
keit. Und die Alte iſt nun wirklich eine Königin und
führt ihr Swammerdämmchen, ihr Leuwenhöckchen
in ihr Reich und da ſind ſie ſchöne Prinzen und zup¬
fen Silberfaden und Goldfaden und Seidenſtickchen
aus, und verrichten andere geſcheute und ſehr nützliche
Dinge.»

So ſprach die alte Aline, die plötzlich in wunder¬
lichen Kleidern angethan, welche beinahe dem Anzuge

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[260/0265] Herz blieb todt und ſtarr, niemals hat die wahrhafte Liebe euer Weſen entzündet, niemals haben die Blu¬ men, die bunten leichtgeflügelten Inſekten, zu Euch geſprochen mit ſüßen Worten. Ihr glaubtet die ho¬ hen heiligen Wunder der Natur in frommer Bewun¬ derung und Andacht anzuſchauen, aber indem ihr in freveligem Beginnen die Bedingniſſe jener Wunder bis in den innerſten Keim zu erforſchen Euch abmüh¬ tet, vernichtetet ihr ſelbſt jene Andacht, und die Er¬ kenntniß, nach der ihr ſtrebtet, war nur ein Fan¬ tom, von dem ihr getäuſcht wurdet, wie neugierige, vorwitzige Kinder. Thoren! euch gibt der Strahl des Karfunkels keinen Troſt, keine Hoffnung mehr. »Ha, ha! noch iſt wohl Troſt, noch iſt wohl Hoffnung, die Alte begibt ſich zu den Alten, das iſt 'ne Liebe, das iſt 'ne Treue, das iſt 'ne Zärtlich¬ keit. Und die Alte iſt nun wirklich eine Königin und führt ihr Swammerdämmchen, ihr Leuwenhöckchen in ihr Reich und da ſind ſie ſchöne Prinzen und zup¬ fen Silberfaden und Goldfaden und Seidenſtickchen aus, und verrichten andere geſcheute und ſehr nützliche Dinge.» So ſprach die alte Aline, die plötzlich in wunder¬ lichen Kleidern angethan, welche beinahe dem Anzuge

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/265>, abgerufen am 28.04.2024.