Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Opfer, eine solche Entsagung zu Gunsten eines un¬
glücklichen Freundes, wie er es ahnen wolle, in der
jetzigen Zeit, in der der Heroismus von der Erde ver¬
schwunden, wohl noch möglich, wohl noch denkbar
seyn könne.

Peregrinus lebte im Innern ganz auf bei den
Aeußerungen seines Freundes; er versicherte feurig,
daß er seiner Seits weit entfernt sey, den bewährten
Freund nur im mindesten zu kränken, daß er al¬
len Ansprüchen auf Herz und Hand der schönen Dörtje
Elverdink feierlichst entsage und gern auf ein Para¬
dies verzichte, das ihm freilich in glänzendem verfüh¬
rerischem Schimmer entgegen gelacht.

"Und dich," rief Pepusch, indem er an die
Brust des Freundes stürzte, "und dich wollte ich er¬
"morden, und weil ich nicht an dich glaubte, darum
"erschoß ich mich selbst! -- O der Raserei, o des
"wüsten Treibens eines verstörten Gemüths!" --

"Ich," unterbrach Peregrinus den Freund, "ich
"bitte dich, George, komme zur Besinnung. Du
"sprichst von Todtschießen und stehest frisch und ge¬
"sund vor mir! -- Wie reimt sich das zusammen."

"Du hast Recht," erwiederte Pepusch, "es
"scheint als ob ich nicht mit dir so vernünftig reden
"könnte, wie es wirklich geschieht, wenn ich mir in

Opfer, eine ſolche Entſagung zu Gunſten eines un¬
glücklichen Freundes, wie er es ahnen wolle, in der
jetzigen Zeit, in der der Heroismus von der Erde ver¬
ſchwunden, wohl noch möglich, wohl noch denkbar
ſeyn könne.

Peregrinus lebte im Innern ganz auf bei den
Aeußerungen ſeines Freundes; er verſicherte feurig,
daß er ſeiner Seits weit entfernt ſey, den bewährten
Freund nur im mindeſten zu kränken, daß er al¬
len Anſprüchen auf Herz und Hand der ſchönen Dörtje
Elverdink feierlichſt entſage und gern auf ein Para¬
dies verzichte, das ihm freilich in glänzendem verfüh¬
reriſchem Schimmer entgegen gelacht.

»Und dich,» rief Pepuſch, indem er an die
Bruſt des Freundes ſtürzte, »und dich wollte ich er¬
»morden, und weil ich nicht an dich glaubte, darum
»erſchoß ich mich ſelbſt! — O der Raſerei, o des
»wüſten Treibens eines verſtörten Gemüths!» —

»Ich,» unterbrach Peregrinus den Freund, »ich
»bitte dich, George, komme zur Beſinnung. Du
»ſprichſt von Todtſchießen und ſteheſt friſch und ge¬
»ſund vor mir! — Wie reimt ſich das zuſammen.»

»Du haſt Recht,» erwiederte Pepuſch, »es
»ſcheint als ob ich nicht mit dir ſo vernünftig reden
»könnte, wie es wirklich geſchieht, wenn ich mir in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0205" n="200"/>
Opfer, eine &#x017F;olche Ent&#x017F;agung zu Gun&#x017F;ten eines un¬<lb/>
glücklichen Freundes, wie er es ahnen wolle, in der<lb/>
jetzigen Zeit, in der der Heroismus von der Erde ver¬<lb/>
&#x017F;chwunden, wohl noch möglich, wohl noch denkbar<lb/>
&#x017F;eyn könne.</p><lb/>
          <p>Peregrinus lebte im Innern ganz auf bei den<lb/>
Aeußerungen &#x017F;eines Freundes; er ver&#x017F;icherte feurig,<lb/>
daß er &#x017F;einer Seits weit entfernt &#x017F;ey, den bewährten<lb/>
Freund nur im minde&#x017F;ten zu kränken, daß er al¬<lb/>
len An&#x017F;prüchen auf Herz und Hand der &#x017F;chönen Dörtje<lb/>
Elverdink feierlich&#x017F;t ent&#x017F;age und gern auf ein Para¬<lb/>
dies verzichte, das ihm freilich in glänzendem verfüh¬<lb/>
reri&#x017F;chem Schimmer entgegen gelacht.</p><lb/>
          <p>»Und dich,» rief Pepu&#x017F;ch, indem er an die<lb/>
Bru&#x017F;t des Freundes &#x017F;türzte, »und dich wollte ich er¬<lb/>
»morden, und weil ich nicht an dich glaubte, darum<lb/>
»er&#x017F;choß ich mich &#x017F;elb&#x017F;t! &#x2014; O der Ra&#x017F;erei, o des<lb/>
»wü&#x017F;ten Treibens eines ver&#x017F;törten Gemüths!» &#x2014;</p><lb/>
          <p>»Ich,» unterbrach Peregrinus den Freund, »ich<lb/>
»bitte dich, George, komme zur Be&#x017F;innung. Du<lb/>
»&#x017F;prich&#x017F;t von Todt&#x017F;chießen und &#x017F;tehe&#x017F;t fri&#x017F;ch und ge¬<lb/>
»&#x017F;und vor mir! &#x2014; Wie reimt &#x017F;ich das zu&#x017F;ammen.»</p><lb/>
          <p>»Du ha&#x017F;t Recht,» erwiederte Pepu&#x017F;ch, »es<lb/>
»&#x017F;cheint als ob ich nicht mit dir &#x017F;o vernünftig reden<lb/>
»könnte, wie es wirklich ge&#x017F;chieht, wenn ich mir in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[200/0205] Opfer, eine ſolche Entſagung zu Gunſten eines un¬ glücklichen Freundes, wie er es ahnen wolle, in der jetzigen Zeit, in der der Heroismus von der Erde ver¬ ſchwunden, wohl noch möglich, wohl noch denkbar ſeyn könne. Peregrinus lebte im Innern ganz auf bei den Aeußerungen ſeines Freundes; er verſicherte feurig, daß er ſeiner Seits weit entfernt ſey, den bewährten Freund nur im mindeſten zu kränken, daß er al¬ len Anſprüchen auf Herz und Hand der ſchönen Dörtje Elverdink feierlichſt entſage und gern auf ein Para¬ dies verzichte, das ihm freilich in glänzendem verfüh¬ reriſchem Schimmer entgegen gelacht. »Und dich,» rief Pepuſch, indem er an die Bruſt des Freundes ſtürzte, »und dich wollte ich er¬ »morden, und weil ich nicht an dich glaubte, darum »erſchoß ich mich ſelbſt! — O der Raſerei, o des »wüſten Treibens eines verſtörten Gemüths!» — »Ich,» unterbrach Peregrinus den Freund, »ich »bitte dich, George, komme zur Beſinnung. Du »ſprichſt von Todtſchießen und ſteheſt friſch und ge¬ »ſund vor mir! — Wie reimt ſich das zuſammen.» »Du haſt Recht,» erwiederte Pepuſch, »es »ſcheint als ob ich nicht mit dir ſo vernünftig reden »könnte, wie es wirklich geſchieht, wenn ich mir in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/205
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/205>, abgerufen am 10.05.2024.