Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

entgegen und fragte ängstlich, ob denn die entsetzliche
Stimmung vorüber, die ihn mit solcher verderblichen
Gewalt ergriffen.

Pepusch schien beinahe bis zu Thränen erweicht,
er versicherte, daß er Zeit seines Lebens nicht so viel
abgeschmackte Thorheiten begangen, als eben heute,
wozu er vorzüglich rechne, daß er, nachdem er sich
im Walde eine Kugel durch den Kopf geschoßen, in
einem Weinhause, selbst wisse er nicht mehr, wo es
gewesen, ob bei Protzler, im Schwan, im Weiden¬
hof oder sonst irgendwo, zu gutmüthigen Leuten von
überschwenglichen Dingen gesprochen und den Wirth
meuchelmörderischer Weise erwürgen wollen, bloß weil
er aus seinen abgebrochenen Reden zu entnehmen ge¬
glaubt, daß das Glückseligste geschehen, was ihm
(dem Pepusch) nur widerfahren könne. Alle seine Un¬
fälle würden nun bald die höchste Spitze erreichen, denn
nur zu gewiß hätten die Leute seine Reden, sein gan¬
zes Beginnen, für den stärksten Ausbruch des Wahn¬
sinnes gehalten und er müßte fürchten, statt die Früchte
des frohsten Ereignisses zu genießen, in das Irren¬
haus gesperrt zu werden. -- Pepusch deutete hierauf
an, was der Weinwirth über Peregrinus Betragen
und Aeußerungen fallen lassen, und fragte hocherrö¬
thend mit niedergeschlagenen Augen, ob ein solches

entgegen und fragte ängſtlich, ob denn die entſetzliche
Stimmung vorüber, die ihn mit ſolcher verderblichen
Gewalt ergriffen.

Pepuſch ſchien beinahe bis zu Thränen erweicht,
er verſicherte, daß er Zeit ſeines Lebens nicht ſo viel
abgeſchmackte Thorheiten begangen, als eben heute,
wozu er vorzüglich rechne, daß er, nachdem er ſich
im Walde eine Kugel durch den Kopf geſchoßen, in
einem Weinhauſe, ſelbſt wiſſe er nicht mehr, wo es
geweſen, ob bei Protzler, im Schwan, im Weiden¬
hof oder ſonſt irgendwo, zu gutmüthigen Leuten von
überſchwenglichen Dingen geſprochen und den Wirth
meuchelmörderiſcher Weiſe erwürgen wollen, bloß weil
er aus ſeinen abgebrochenen Reden zu entnehmen ge¬
glaubt, daß das Glückſeligſte geſchehen, was ihm
(dem Pepuſch) nur widerfahren könne. Alle ſeine Un¬
fälle würden nun bald die höchſte Spitze erreichen, denn
nur zu gewiß hätten die Leute ſeine Reden, ſein gan¬
zes Beginnen, für den ſtärkſten Ausbruch des Wahn¬
ſinnes gehalten und er müßte fürchten, ſtatt die Früchte
des frohſten Ereigniſſes zu genießen, in das Irren¬
haus geſperrt zu werden. — Pepuſch deutete hierauf
an, was der Weinwirth über Peregrinus Betragen
und Aeußerungen fallen laſſen, und fragte hocherrö¬
thend mit niedergeſchlagenen Augen, ob ein ſolches

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="199"/>
entgegen und fragte äng&#x017F;tlich, ob denn die ent&#x017F;etzliche<lb/>
Stimmung vorüber, die ihn mit &#x017F;olcher verderblichen<lb/>
Gewalt ergriffen.</p><lb/>
          <p>Pepu&#x017F;ch &#x017F;chien beinahe bis zu Thränen erweicht,<lb/>
er ver&#x017F;icherte, daß er Zeit &#x017F;eines Lebens nicht &#x017F;o viel<lb/>
abge&#x017F;chmackte Thorheiten begangen, als eben heute,<lb/>
wozu er vorzüglich rechne, daß er, nachdem er &#x017F;ich<lb/>
im Walde eine Kugel durch den Kopf ge&#x017F;choßen, in<lb/>
einem Weinhau&#x017F;e, &#x017F;elb&#x017F;t wi&#x017F;&#x017F;e er nicht mehr, wo es<lb/>
gewe&#x017F;en, ob bei Protzler, im Schwan, im Weiden¬<lb/>
hof oder &#x017F;on&#x017F;t irgendwo, zu gutmüthigen Leuten von<lb/>
über&#x017F;chwenglichen Dingen ge&#x017F;prochen und den Wirth<lb/>
meuchelmörderi&#x017F;cher Wei&#x017F;e erwürgen wollen, bloß weil<lb/>
er aus &#x017F;einen abgebrochenen Reden zu entnehmen ge¬<lb/>
glaubt, daß das Glück&#x017F;elig&#x017F;te ge&#x017F;chehen, was ihm<lb/>
(dem Pepu&#x017F;ch) nur widerfahren könne. Alle &#x017F;eine Un¬<lb/>
fälle würden nun bald die höch&#x017F;te Spitze erreichen, denn<lb/>
nur zu gewiß hätten die Leute &#x017F;eine Reden, &#x017F;ein gan¬<lb/>
zes Beginnen, für den &#x017F;tärk&#x017F;ten Ausbruch des Wahn¬<lb/>
&#x017F;innes gehalten und er müßte fürchten, &#x017F;tatt die Früchte<lb/>
des froh&#x017F;ten Ereigni&#x017F;&#x017F;es zu genießen, in das Irren¬<lb/>
haus ge&#x017F;perrt zu werden. &#x2014; Pepu&#x017F;ch deutete hierauf<lb/>
an, was der Weinwirth über Peregrinus Betragen<lb/>
und Aeußerungen fallen la&#x017F;&#x017F;en, und fragte hocherrö¬<lb/>
thend mit niederge&#x017F;chlagenen Augen, ob ein &#x017F;olches<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0204] entgegen und fragte ängſtlich, ob denn die entſetzliche Stimmung vorüber, die ihn mit ſolcher verderblichen Gewalt ergriffen. Pepuſch ſchien beinahe bis zu Thränen erweicht, er verſicherte, daß er Zeit ſeines Lebens nicht ſo viel abgeſchmackte Thorheiten begangen, als eben heute, wozu er vorzüglich rechne, daß er, nachdem er ſich im Walde eine Kugel durch den Kopf geſchoßen, in einem Weinhauſe, ſelbſt wiſſe er nicht mehr, wo es geweſen, ob bei Protzler, im Schwan, im Weiden¬ hof oder ſonſt irgendwo, zu gutmüthigen Leuten von überſchwenglichen Dingen geſprochen und den Wirth meuchelmörderiſcher Weiſe erwürgen wollen, bloß weil er aus ſeinen abgebrochenen Reden zu entnehmen ge¬ glaubt, daß das Glückſeligſte geſchehen, was ihm (dem Pepuſch) nur widerfahren könne. Alle ſeine Un¬ fälle würden nun bald die höchſte Spitze erreichen, denn nur zu gewiß hätten die Leute ſeine Reden, ſein gan¬ zes Beginnen, für den ſtärkſten Ausbruch des Wahn¬ ſinnes gehalten und er müßte fürchten, ſtatt die Früchte des frohſten Ereigniſſes zu genießen, in das Irren¬ haus geſperrt zu werden. — Pepuſch deutete hierauf an, was der Weinwirth über Peregrinus Betragen und Aeußerungen fallen laſſen, und fragte hocherrö¬ thend mit niedergeſchlagenen Augen, ob ein ſolches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/204
Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/204>, abgerufen am 09.05.2024.