meine Macht fühlen! -- Beide setzten nun die Fern¬ gläser an's Auge und fielen grimmig gegen einander aus, mit scharfen mörderischen, indem sie ihre Waf¬ fen durch Aus- und Einschieben bald verlängerten, bald verkürzten. Da gab es Finten, Paraden, Vol¬ ten, kurz alle nur mögliche Fechterkünste, und im¬ mer mehr schienen sich die Gemüther zu erhitzen. Wurde Einer getroffen, so schrie er laut auf, sprang in die Höhe, machte die wunderlichsten Kapriolen, die schönsten Entrechats, Pirouetten, wie der beste Solotänzer von der Pariser Bühne, bis der Andere ihn mit dem verkürzten Fernglase fast fixirte. Geschah diesem nun gleiches, so machte er es eben so. So wechselten sie mit den ausgelassendsten Sprüngen, mit den tollsten Gebehrden, mit dem wüthendsten Ge¬ schrei; der Schweiß tropfte ihnen von der Stirn her¬ ab, die blutrothen Augen traten ihnen zum Kopfe heraus, und da man nur ihr wechselseitiges Anblik¬ ken durch die Ferngläser, sonst aber keine Ursache ih¬ res Veitstanzes gewahrte, so mußte man sie für Ra¬ sende halten, die dem Irrenhause entsprungen. -- Die Sache war übrigens ganz artig anzusehen. --
Herrn Swammerdamm gelang es endlich, den bösen Leuwenhöck aus seiner Stellung an der Thüre, die er mit hartnäckiger Tapferkeit behauptet, zu ver¬
meine Macht fühlen! — Beide ſetzten nun die Fern¬ gläſer an's Auge und fielen grimmig gegen einander aus, mit ſcharfen mörderiſchen, indem ſie ihre Waf¬ fen durch Aus- und Einſchieben bald verlängerten, bald verkürzten. Da gab es Finten, Paraden, Vol¬ ten, kurz alle nur mögliche Fechterkünſte, und im¬ mer mehr ſchienen ſich die Gemüther zu erhitzen. Wurde Einer getroffen, ſo ſchrie er laut auf, ſprang in die Höhe, machte die wunderlichſten Kapriolen, die ſchönſten Entrechats, Pirouetten, wie der beſte Solotänzer von der Pariſer Bühne, bis der Andere ihn mit dem verkürzten Fernglaſe faſt fixirte. Geſchah dieſem nun gleiches, ſo machte er es eben ſo. So wechſelten ſie mit den ausgelaſſendſten Sprüngen, mit den tollſten Gebehrden, mit dem wüthendſten Ge¬ ſchrei; der Schweiß tropfte ihnen von der Stirn her¬ ab, die blutrothen Augen traten ihnen zum Kopfe heraus, und da man nur ihr wechſelſeitiges Anblik¬ ken durch die Ferngläſer, ſonſt aber keine Urſache ih¬ res Veitstanzes gewahrte, ſo mußte man ſie für Ra¬ ſende halten, die dem Irrenhauſe entſprungen. — Die Sache war übrigens ganz artig anzuſehen. —
Herrn Swammerdamm gelang es endlich, den böſen Leuwenhöck aus ſeiner Stellung an der Thüre, die er mit hartnäckiger Tapferkeit behauptet, zu ver¬
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meine Macht fühlen! — Beide ſetzten nun die Fern¬
gläſer an's Auge und fielen grimmig gegen einander
aus, mit ſcharfen mörderiſchen, indem ſie ihre Waf¬
fen durch Aus- und Einſchieben bald verlängerten,
bald verkürzten. Da gab es Finten, Paraden, Vol¬
ten, kurz alle nur mögliche Fechterkünſte, und im¬
mer mehr ſchienen ſich die Gemüther zu erhitzen.
Wurde Einer getroffen, ſo ſchrie er laut auf, ſprang
in die Höhe, machte die wunderlichſten Kapriolen,
die ſchönſten Entrechats, Pirouetten, wie der beſte
Solotänzer von der Pariſer Bühne, bis der Andere
ihn mit dem verkürzten Fernglaſe faſt fixirte. Geſchah
dieſem nun gleiches, ſo machte er es eben ſo. So
wechſelten ſie mit den ausgelaſſendſten Sprüngen, mit
den tollſten Gebehrden, mit dem wüthendſten Ge¬
ſchrei; der Schweiß tropfte ihnen von der Stirn her¬
ab, die blutrothen Augen traten ihnen zum Kopfe
heraus, und da man nur ihr wechſelſeitiges Anblik¬
ken durch die Ferngläſer, ſonſt aber keine Urſache ih¬
res Veitstanzes gewahrte, ſo mußte man ſie für Ra¬
ſende halten, die dem Irrenhauſe entſprungen. —
Die Sache war übrigens ganz artig anzuſehen. —
Herrn Swammerdamm gelang es endlich, den
böſen Leuwenhöck aus ſeiner Stellung an der Thüre,
die er mit hartnäckiger Tapferkeit behauptet, zu ver¬
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Hoffmann, E. T. A.: Meister Floh. Frankfurt (Main), 1822, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_floh_1822/144>, abgerufen am 16.02.2025.
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