Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

"terbrach mich der Mahler: ich war es, der
"überall Dir nahe war, um Dich zu retten
"von Verderben und Schmach, aber Dein
"Sinn blieb verschlossen! Das Werk zu dem
"Du erkohren, mußt Du vollbringen zu Deinem
"eignen Heil." -- Ach, rief ich voll Verzweif¬
"lung: warum hieltst Du nicht meinen Arm
"zurück, als ich in verruchtem Frevel je¬
"nen Jüngling ... "Das war mir nicht ver¬
gönnt, fiel der Mahler ein: Frage nicht wei¬
ter! vermessen ist es, vorgreifen zu wollen
dem, was die ewige Macht beschlossen. ...
Medardus! Du gehst Deinem Ziel entgegen...
Morgen!" -- Ich erbebte in eiskaltem Schauer,
denn ich glaubte, den Mahler ganz zu verste¬
hen. Er wußte und billigte den beschlosse¬
nen Selbstmord. Der Mahler wankte mit
leisem Tritt nach der Thür des Kerkers.
"Wann, wann sehe ich Dich wieder?" -- Am
Ziele! -- rief er, sich noch einmal nach
mir umwendend, feyerlich und stark, daß das
Gewölbe dröhnte -- "Also Morgen?" -- Lei¬

II. [ 5 ]

„terbrach mich der Mahler: ich war es, der
„uͤberall Dir nahe war, um Dich zu retten
„von Verderben und Schmach, aber Dein
„Sinn blieb verſchloſſen! Das Werk zu dem
„Du erkohren, mußt Du vollbringen zu Deinem
„eignen Heil.“ — Ach, rief ich voll Verzweif¬
„lung: warum hieltſt Du nicht meinen Arm
„zuruͤck, als ich in verruchtem Frevel je¬
„nen Juͤngling ... „Das war mir nicht ver¬
goͤnnt, fiel der Mahler ein: Frage nicht wei¬
ter! vermeſſen iſt es, vorgreifen zu wollen
dem, was die ewige Macht beſchloſſen. ...
Medardus! Du gehſt Deinem Ziel entgegen...
Morgen!“ — Ich erbebte in eiskaltem Schauer,
denn ich glaubte, den Mahler ganz zu verſte¬
hen. Er wußte und billigte den beſchloſſe¬
nen Selbſtmord. Der Mahler wankte mit
leiſem Tritt nach der Thuͤr des Kerkers.
„Wann, wann ſehe ich Dich wieder?“ — Am
Ziele! — rief er, ſich noch einmal nach
mir umwendend, feyerlich und ſtark, daß das
Gewoͤlbe droͤhnte — „Alſo Morgen?“ — Lei¬

II. [ 5 ]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0073" n="65"/>
&#x201E;terbrach mich der Mahler: ich war es, der<lb/>
&#x201E;u&#x0364;berall Dir nahe war, um Dich zu retten<lb/>
&#x201E;von Verderben und Schmach, aber Dein<lb/>
&#x201E;Sinn blieb ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en! Das Werk zu dem<lb/>
&#x201E;Du erkohren, mußt Du vollbringen zu Deinem<lb/>
&#x201E;eignen Heil.&#x201C; &#x2014; Ach, rief ich voll Verzweif¬<lb/>
&#x201E;lung: warum hielt&#x017F;t Du nicht meinen Arm<lb/>
&#x201E;zuru&#x0364;ck, als ich in verruchtem Frevel je¬<lb/>
&#x201E;nen Ju&#x0364;ngling ... &#x201E;Das war mir nicht ver¬<lb/>
go&#x0364;nnt, fiel der Mahler ein: Frage nicht wei¬<lb/>
ter! verme&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t es, vorgreifen zu wollen<lb/>
dem, was die ewige Macht be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. ...<lb/>
Medardus! Du geh&#x017F;t Deinem Ziel entgegen...<lb/>
Morgen!&#x201C; &#x2014; Ich erbebte in eiskaltem Schauer,<lb/>
denn ich glaubte, den Mahler ganz zu ver&#x017F;te¬<lb/>
hen. Er wußte und billigte den be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;<lb/>
nen Selb&#x017F;tmord. Der Mahler wankte mit<lb/>
lei&#x017F;em Tritt nach der Thu&#x0364;r des Kerkers.<lb/>
&#x201E;Wann, wann &#x017F;ehe ich Dich wieder?&#x201C; &#x2014; Am<lb/>
Ziele! &#x2014; rief er, &#x017F;ich noch einmal nach<lb/>
mir umwendend, feyerlich und &#x017F;tark, daß das<lb/>
Gewo&#x0364;lbe dro&#x0364;hnte &#x2014; &#x201E;Al&#x017F;o Morgen?&#x201C; &#x2014; Lei¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi>. [ 5 ]<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0073] „terbrach mich der Mahler: ich war es, der „uͤberall Dir nahe war, um Dich zu retten „von Verderben und Schmach, aber Dein „Sinn blieb verſchloſſen! Das Werk zu dem „Du erkohren, mußt Du vollbringen zu Deinem „eignen Heil.“ — Ach, rief ich voll Verzweif¬ „lung: warum hieltſt Du nicht meinen Arm „zuruͤck, als ich in verruchtem Frevel je¬ „nen Juͤngling ... „Das war mir nicht ver¬ goͤnnt, fiel der Mahler ein: Frage nicht wei¬ ter! vermeſſen iſt es, vorgreifen zu wollen dem, was die ewige Macht beſchloſſen. ... Medardus! Du gehſt Deinem Ziel entgegen... Morgen!“ — Ich erbebte in eiskaltem Schauer, denn ich glaubte, den Mahler ganz zu verſte¬ hen. Er wußte und billigte den beſchloſſe¬ nen Selbſtmord. Der Mahler wankte mit leiſem Tritt nach der Thuͤr des Kerkers. „Wann, wann ſehe ich Dich wieder?“ — Am Ziele! — rief er, ſich noch einmal nach mir umwendend, feyerlich und ſtark, daß das Gewoͤlbe droͤhnte — „Alſo Morgen?“ — Lei¬ II. [ 5 ]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/73
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/73>, abgerufen am 03.05.2024.