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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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werden? -- Ich fuhr heraus beinahe in wildem,
hönendem Trotz: "Dieser Mönch da, der ohn¬
mächtig im Stuhle liegt, ist ein schwachsin¬
niger, blöder Greis, der in toller Einbildung
mich für irgend einen verlaufenen Capuziner
seines Klosters hält, von dem ich vielleicht
eine flüchtige Aehnlichkeit trage." -- Der Rich¬
ter war bis jetzt in ruhiger Fassung geblieben,
ohne Blick und Ton zu ändern; zum ersten¬
mal verzog sich nun sein Gesicht zum fin¬
stern, durchbohrenden Ernst, er stand auf und
blickte mir scharf ins Auge. Ich muß ge¬
stehen, selbst das Funkeln seiner Gläser hat¬
te für mich etwas Unerträgliches, Entsetzliches,
ich konnte nicht weiter reden; von innerer
verzweifelnder Wuth grimmig erfaßt, die ge¬
ballte Faust vor der Stirn, schrie ich laut
auf: Aurelie! -- "Was soll das, was bedeu¬
tet
der Name? frug der Richter heftig." -- Ein
dunkles Verhängniß opfert mich dem schmach¬
vollen Tode, sagte ich dumpf, aber ich bin
unschuldig, gewiß ... ich bin ganz unschuldig

werden? — Ich fuhr heraus beinahe in wildem,
hoͤnendem Trotz: „Dieſer Moͤnch da, der ohn¬
maͤchtig im Stuhle liegt, iſt ein ſchwachſin¬
niger, bloͤder Greis, der in toller Einbildung
mich fuͤr irgend einen verlaufenen Capuziner
ſeines Kloſters haͤlt, von dem ich vielleicht
eine fluͤchtige Aehnlichkeit trage.“ — Der Rich¬
ter war bis jetzt in ruhiger Faſſung geblieben,
ohne Blick und Ton zu aͤndern; zum erſten¬
mal verzog ſich nun ſein Geſicht zum fin¬
ſtern, durchbohrenden Ernſt, er ſtand auf und
blickte mir ſcharf ins Auge. Ich muß ge¬
ſtehen, ſelbſt das Funkeln ſeiner Glaͤſer hat¬
te fuͤr mich etwas Unertraͤgliches, Entſetzliches,
ich konnte nicht weiter reden; von innerer
verzweifelnder Wuth grimmig erfaßt, die ge¬
ballte Fauſt vor der Stirn, ſchrie ich laut
auf: Aurelie! — „Was ſoll das, was bedeu¬
tet
der Name? frug der Richter heftig.“ — Ein
dunkles Verhaͤngniß opfert mich dem ſchmach¬
vollen Tode, ſagte ich dumpf, aber ich bin
unſchuldig, gewiß ... ich bin ganz unſchuldig

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[45/0053] werden? — Ich fuhr heraus beinahe in wildem, hoͤnendem Trotz: „Dieſer Moͤnch da, der ohn¬ maͤchtig im Stuhle liegt, iſt ein ſchwachſin¬ niger, bloͤder Greis, der in toller Einbildung mich fuͤr irgend einen verlaufenen Capuziner ſeines Kloſters haͤlt, von dem ich vielleicht eine fluͤchtige Aehnlichkeit trage.“ — Der Rich¬ ter war bis jetzt in ruhiger Faſſung geblieben, ohne Blick und Ton zu aͤndern; zum erſten¬ mal verzog ſich nun ſein Geſicht zum fin¬ ſtern, durchbohrenden Ernſt, er ſtand auf und blickte mir ſcharf ins Auge. Ich muß ge¬ ſtehen, ſelbſt das Funkeln ſeiner Glaͤſer hat¬ te fuͤr mich etwas Unertraͤgliches, Entſetzliches, ich konnte nicht weiter reden; von innerer verzweifelnder Wuth grimmig erfaßt, die ge¬ ballte Fauſt vor der Stirn, ſchrie ich laut auf: Aurelie! — „Was ſoll das, was bedeu¬ tet der Name? frug der Richter heftig.“ — Ein dunkles Verhaͤngniß opfert mich dem ſchmach¬ vollen Tode, ſagte ich dumpf, aber ich bin unſchuldig, gewiß ... ich bin ganz unſchuldig

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/53>, abgerufen am 24.11.2024.