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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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fand den ganzen Arm wie von einer ätzen¬
den Materie zerfleischt und zerfressen. -- "Ich
habe Wein trinken sollen -- ich habe ihn in
den Aermel gegossen," stöhnte ich, ohnmäch¬
tig von der entsetzlichen Qual! -- "Aetzen¬
des Gift war in dem Weine," rief der Wund¬
arzt, und eilte, Mittel anzuwenden, die we¬
nigstens bald den wüthenden Schmerz linder¬
ten. Es gelang der Geschicklichkeit des Wund¬
arztes und der sorglichen Pflege, die mir
der Prior angedeihen ließ, den Arm, der
erst abgenommen werden sollte, zu retten,
aber bis auf den Knochen dorrte das Fleisch
ein und alle Kraft der Bewegung hatte der
feindliche Schierlingstrank gebrochen. "Ich
sehe nur zu deutlich, sprach der Prior, was
es mit jener Begebenheit, die Euch um Euern
Arm brachte, für eine Bewandniß hat. Der
fromme Bruder Cyrillus verschwand aus un¬
serm Kloster und aus Rom auf unbegreifliche
Weise, und auch Ihr, lieber Bruder Medar¬
dus! werdet auf dieselbe Weise verloren

fand den ganzen Arm wie von einer aͤtzen¬
den Materie zerfleiſcht und zerfreſſen. — „Ich
habe Wein trinken ſollen — ich habe ihn in
den Aermel gegoſſen,“ ſtoͤhnte ich, ohnmaͤch¬
tig von der entſetzlichen Qual! — „Aetzen¬
des Gift war in dem Weine,“ rief der Wund¬
arzt, und eilte, Mittel anzuwenden, die we¬
nigſtens bald den wuͤthenden Schmerz linder¬
ten. Es gelang der Geſchicklichkeit des Wund¬
arztes und der ſorglichen Pflege, die mir
der Prior angedeihen ließ, den Arm, der
erſt abgenommen werden ſollte, zu retten,
aber bis auf den Knochen dorrte das Fleiſch
ein und alle Kraft der Bewegung hatte der
feindliche Schierlingstrank gebrochen. „Ich
ſehe nur zu deutlich, ſprach der Prior, was
es mit jener Begebenheit, die Euch um Euern
Arm brachte, fuͤr eine Bewandniß hat. Der
fromme Bruder Cyrillus verſchwand aus un¬
ſerm Kloſter und aus Rom auf unbegreifliche
Weiſe, und auch Ihr, lieber Bruder Medar¬
dus! werdet auf dieſelbe Weiſe verloren

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[284/0292] fand den ganzen Arm wie von einer aͤtzen¬ den Materie zerfleiſcht und zerfreſſen. — „Ich habe Wein trinken ſollen — ich habe ihn in den Aermel gegoſſen,“ ſtoͤhnte ich, ohnmaͤch¬ tig von der entſetzlichen Qual! — „Aetzen¬ des Gift war in dem Weine,“ rief der Wund¬ arzt, und eilte, Mittel anzuwenden, die we¬ nigſtens bald den wuͤthenden Schmerz linder¬ ten. Es gelang der Geſchicklichkeit des Wund¬ arztes und der ſorglichen Pflege, die mir der Prior angedeihen ließ, den Arm, der erſt abgenommen werden ſollte, zu retten, aber bis auf den Knochen dorrte das Fleiſch ein und alle Kraft der Bewegung hatte der feindliche Schierlingstrank gebrochen. „Ich ſehe nur zu deutlich, ſprach der Prior, was es mit jener Begebenheit, die Euch um Euern Arm brachte, fuͤr eine Bewandniß hat. Der fromme Bruder Cyrillus verſchwand aus un¬ ſerm Kloſter und aus Rom auf unbegreifliche Weiſe, und auch Ihr, lieber Bruder Medar¬ dus! werdet auf dieſelbe Weiſe verloren

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/292>, abgerufen am 23.11.2024.