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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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suchte ich, von allen andern Hülfsmitteln
entblößt, ihn dadurch ins Leben zurückzuru¬
fen, daß ich langsam und leise Kopf und
Brust mit meiner rechten Hand anstrich, ei¬
ne in unsern Klöstern übliche Art, Todtkran¬
ke aus der Ohnmacht zu wecken. Cyrillus
erholte sich bald, und beichtete mir, er der
Fromme, dem frevelichen Sünder! -- Aber
es war, als würde, indem ich den Greis,
dessen höchste Vergehen nur in Zweifel be¬
standen, die ihm hie und da aufgestoßen, ab¬
solvirte, von der hohen ewigen Macht, ein
Geist des Himmels in mir entzündet, und
als sey ich nur das Werkzeug, das körperge¬
wordene Organ, dessen sich jene Macht be¬
diene, um schon hienieden zu dem noch nicht
entbundenen Menschen menschlich zu reden.
Cyrillus hob den andachtsvollen Blick zum
Himmel, und sprach: "O, mein Bruder Me¬
dardus, wie haben mich Deine Worte er¬
quickt! -- Froh gehe ich dem Tode entgegen,
den mir verruchte Bösewichter bereitet! Ich

ſuchte ich, von allen andern Huͤlfsmitteln
entbloͤßt, ihn dadurch ins Leben zuruͤckzuru¬
fen, daß ich langſam und leiſe Kopf und
Bruſt mit meiner rechten Hand anſtrich, ei¬
ne in unſern Kloͤſtern uͤbliche Art, Todtkran¬
ke aus der Ohnmacht zu wecken. Cyrillus
erholte ſich bald, und beichtete mir, er der
Fromme, dem frevelichen Suͤnder! — Aber
es war, als wuͤrde, indem ich den Greis,
deſſen hoͤchſte Vergehen nur in Zweifel be¬
ſtanden, die ihm hie und da aufgeſtoßen, ab¬
ſolvirte, von der hohen ewigen Macht, ein
Geiſt des Himmels in mir entzuͤndet, und
als ſey ich nur das Werkzeug, das koͤrperge¬
wordene Organ, deſſen ſich jene Macht be¬
diene, um ſchon hienieden zu dem noch nicht
entbundenen Menſchen menſchlich zu reden.
Cyrillus hob den andachtsvollen Blick zum
Himmel, und ſprach: „O, mein Bruder Me¬
dardus, wie haben mich Deine Worte er¬
quickt! — Froh gehe ich dem Tode entgegen,
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[278/0286] ſuchte ich, von allen andern Huͤlfsmitteln entbloͤßt, ihn dadurch ins Leben zuruͤckzuru¬ fen, daß ich langſam und leiſe Kopf und Bruſt mit meiner rechten Hand anſtrich, ei¬ ne in unſern Kloͤſtern uͤbliche Art, Todtkran¬ ke aus der Ohnmacht zu wecken. Cyrillus erholte ſich bald, und beichtete mir, er der Fromme, dem frevelichen Suͤnder! — Aber es war, als wuͤrde, indem ich den Greis, deſſen hoͤchſte Vergehen nur in Zweifel be¬ ſtanden, die ihm hie und da aufgeſtoßen, ab¬ ſolvirte, von der hohen ewigen Macht, ein Geiſt des Himmels in mir entzuͤndet, und als ſey ich nur das Werkzeug, das koͤrperge¬ wordene Organ, deſſen ſich jene Macht be¬ diene, um ſchon hienieden zu dem noch nicht entbundenen Menſchen menſchlich zu reden. Cyrillus hob den andachtsvollen Blick zum Himmel, und ſprach: „O, mein Bruder Me¬ dardus, wie haben mich Deine Worte er¬ quickt! — Froh gehe ich dem Tode entgegen, den mir verruchte Boͤſewichter bereitet! Ich

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/286>, abgerufen am 23.11.2024.