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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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Keller des heiligen Antonias." Der angebli¬
che Doktor hatte eine Flasche unter dem
Mantel hervorgezogen, die er jetzt öffnete.
Es stieg ein seltsamlicher Duft aus der Fla¬
sche, der die Jünglinge betäubte, so daß sie,
wie von Schläfrigkeit übernommen, in die
Sessel sanken und die Augen schlossen. Aber
Francesko riß in wilder Wuth, verhöhnt zu
seyn als ein ohnmächtiger Schwächling, die
Flasche dem Doktor aus den Händen und
trank in vollen Zügen. "Wohl bekomm Dir's"
rief der Jüngling, der nun wieder sein ju¬
gendliches Gesicht und seinen kräftigen Gang
angenommen hatte. Dann rief er die an¬
dern Jünglinge aus dem Schlafe auf, wo¬
rin sie versunken, und sie taumelten mit ihm
die Treppe hinab. -- So wie der Berg Ve¬
suv in wildem Brausen verzehrende Flam¬
men aussprüht, so tobte es jetzt in Feuer¬
strömen heraus aus Francesko's Innern. Al¬
le heidnische Geschichten, die er jemals ge¬
malt, sah er vor Augen, als ob sie leben¬

Keller des heiligen Antonias.“ Der angebli¬
che Doktor hatte eine Flaſche unter dem
Mantel hervorgezogen, die er jetzt oͤffnete.
Es ſtieg ein ſeltſamlicher Duft aus der Fla¬
ſche, der die Juͤnglinge betaͤubte, ſo daß ſie,
wie von Schlaͤfrigkeit uͤbernommen, in die
Seſſel ſanken und die Augen ſchloſſen. Aber
Francesko riß in wilder Wuth, verhoͤhnt zu
ſeyn als ein ohnmaͤchtiger Schwaͤchling, die
Flaſche dem Doktor aus den Haͤnden und
trank in vollen Zuͤgen. „Wohl bekomm Dir's“
rief der Juͤngling, der nun wieder ſein ju¬
gendliches Geſicht und ſeinen kraͤftigen Gang
angenommen hatte. Dann rief er die an¬
dern Juͤnglinge aus dem Schlafe auf, wo¬
rin ſie verſunken, und ſie taumelten mit ihm
die Treppe hinab. — So wie der Berg Ve¬
ſuv in wildem Brauſen verzehrende Flam¬
men ausſpruͤht, ſo tobte es jetzt in Feuer¬
ſtroͤmen heraus aus Francesko's Innern. Al¬
le heidniſche Geſchichten, die er jemals ge¬
malt, ſah er vor Augen, als ob ſie leben¬

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[217/0225] Keller des heiligen Antonias.“ Der angebli¬ che Doktor hatte eine Flaſche unter dem Mantel hervorgezogen, die er jetzt oͤffnete. Es ſtieg ein ſeltſamlicher Duft aus der Fla¬ ſche, der die Juͤnglinge betaͤubte, ſo daß ſie, wie von Schlaͤfrigkeit uͤbernommen, in die Seſſel ſanken und die Augen ſchloſſen. Aber Francesko riß in wilder Wuth, verhoͤhnt zu ſeyn als ein ohnmaͤchtiger Schwaͤchling, die Flaſche dem Doktor aus den Haͤnden und trank in vollen Zuͤgen. „Wohl bekomm Dir's“ rief der Juͤngling, der nun wieder ſein ju¬ gendliches Geſicht und ſeinen kraͤftigen Gang angenommen hatte. Dann rief er die an¬ dern Juͤnglinge aus dem Schlafe auf, wo¬ rin ſie verſunken, und ſie taumelten mit ihm die Treppe hinab. — So wie der Berg Ve¬ ſuv in wildem Brauſen verzehrende Flam¬ men ausſpruͤht, ſo tobte es jetzt in Feuer¬ ſtroͤmen heraus aus Francesko's Innern. Al¬ le heidniſche Geſchichten, die er jemals ge¬ malt, ſah er vor Augen, als ob ſie leben¬

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/225>, abgerufen am 04.05.2024.