chen und ich stieg empor aus dem Todtengewölbe, um in dem Kloster selbst, aber in abgeson¬ derter Zelle, entfernt von den Brüdern, die nun mir auferlegten Bußübungen vor¬ zunehmen. Dann, immer in geringern Gra¬ den der Buße, wurde mir der Eintritt in die Kirche und in den Chor der Brüder er¬ laubt. Doch mir selbst genügte nicht diese letzte Art der Buße, die nur in täglicher ge¬ wöhnlicher Geißelung bestehen sollte. Ich wies standhaft jede bessere Kost zurück, die man mir reichen wollte, ganze Tage lag ich ausgestreckt auf dem kalten Marmorboden vor dem Bilde der heiligen Rosalia, und marterte mich in einsamer Zelle selbst auf die grausamste Weise, denn durch äußere Qua¬ len gedachte ich die innere gräßliche Marter zu übertäuben. Es war vergebens, immer kehrten jene Gestalten, von dem Gedanken erzeugt, wieder, und dem Satan selbst war ich preisgegeben, daß er mich höhnend fol¬ tere und verlocke zur Sünde. Meine strenge
II. [ 13 ]
chen und ich ſtieg empor aus dem Todtengewoͤlbe, um in dem Kloſter ſelbſt, aber in abgeſon¬ derter Zelle, entfernt von den Bruͤdern, die nun mir auferlegten Bußuͤbungen vor¬ zunehmen. Dann, immer in geringern Gra¬ den der Buße, wurde mir der Eintritt in die Kirche und in den Chor der Bruͤder er¬ laubt. Doch mir ſelbſt genuͤgte nicht dieſe letzte Art der Buße, die nur in taͤglicher ge¬ woͤhnlicher Geißelung beſtehen ſollte. Ich wies ſtandhaft jede beſſere Koſt zuruͤck, die man mir reichen wollte, ganze Tage lag ich ausgeſtreckt auf dem kalten Marmorboden vor dem Bilde der heiligen Roſalia, und marterte mich in einſamer Zelle ſelbſt auf die grauſamſte Weiſe, denn durch aͤußere Qua¬ len gedachte ich die innere graͤßliche Marter zu uͤbertaͤuben. Es war vergebens, immer kehrten jene Geſtalten, von dem Gedanken erzeugt, wieder, und dem Satan ſelbſt war ich preisgegeben, daß er mich hoͤhnend fol¬ tere und verlocke zur Suͤnde. Meine ſtrenge
II. [ 13 ]
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0201"n="193"/>
chen und ich ſtieg empor aus dem Todtengewoͤlbe,<lb/>
um in dem Kloſter ſelbſt, aber in abgeſon¬<lb/>
derter Zelle, entfernt von den Bruͤdern,<lb/>
die nun mir auferlegten Bußuͤbungen vor¬<lb/>
zunehmen. Dann, immer in geringern Gra¬<lb/>
den der Buße, wurde mir der Eintritt in<lb/>
die Kirche und in den Chor der Bruͤder er¬<lb/>
laubt. Doch mir ſelbſt genuͤgte nicht dieſe<lb/>
letzte Art der Buße, die nur in taͤglicher ge¬<lb/>
woͤhnlicher Geißelung beſtehen ſollte. Ich<lb/>
wies ſtandhaft jede beſſere Koſt zuruͤck, die<lb/>
man mir reichen wollte, ganze Tage lag ich<lb/>
ausgeſtreckt auf dem kalten Marmorboden<lb/>
vor dem Bilde der heiligen Roſalia, und<lb/>
marterte mich in einſamer Zelle ſelbſt auf<lb/>
die grauſamſte Weiſe, denn durch aͤußere Qua¬<lb/>
len gedachte ich die innere graͤßliche Marter<lb/>
zu uͤbertaͤuben. Es war vergebens, immer<lb/>
kehrten jene Geſtalten, von dem Gedanken<lb/>
erzeugt, wieder, und dem Satan ſelbſt war<lb/>
ich preisgegeben, daß er mich hoͤhnend fol¬<lb/>
tere und verlocke zur Suͤnde. Meine ſtrenge<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">II</hi>. [ 13 ]<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[193/0201]
chen und ich ſtieg empor aus dem Todtengewoͤlbe,
um in dem Kloſter ſelbſt, aber in abgeſon¬
derter Zelle, entfernt von den Bruͤdern,
die nun mir auferlegten Bußuͤbungen vor¬
zunehmen. Dann, immer in geringern Gra¬
den der Buße, wurde mir der Eintritt in
die Kirche und in den Chor der Bruͤder er¬
laubt. Doch mir ſelbſt genuͤgte nicht dieſe
letzte Art der Buße, die nur in taͤglicher ge¬
woͤhnlicher Geißelung beſtehen ſollte. Ich
wies ſtandhaft jede beſſere Koſt zuruͤck, die
man mir reichen wollte, ganze Tage lag ich
ausgeſtreckt auf dem kalten Marmorboden
vor dem Bilde der heiligen Roſalia, und
marterte mich in einſamer Zelle ſelbſt auf
die grauſamſte Weiſe, denn durch aͤußere Qua¬
len gedachte ich die innere graͤßliche Marter
zu uͤbertaͤuben. Es war vergebens, immer
kehrten jene Geſtalten, von dem Gedanken
erzeugt, wieder, und dem Satan ſelbſt war
ich preisgegeben, daß er mich hoͤhnend fol¬
tere und verlocke zur Suͤnde. Meine ſtrenge
II. [ 13 ]
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/201>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.