Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Adern? -- Sie kam Dir so fremd vor, aber
selbst das gab ihr einen unnennbaren Reiz.
Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬
lose Lüsternheit, wenn Du verstohlen ihre
Hand drücken konntest! -- Aurelien hatte ich
nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬
sehen, heute erschien sie, der Hofsitte gemäß,
in vollem Schmuck. -- Wie schön sie war!
wie fühlte ich mich bei ihrem Anblick von
unnennbarem Entzücken, von süßer Wollust
durchschauert! -- Aber da wurde der Geist
des Bösen mächtig in mir und erhob seine
Stimme, der ich williges Ohr lieh. "Siehst
Du es nun wohl, Medardus, so flüsterte es
mir zu: siehst Du es nun wohl, wie Du
dem Geschick gebietest, wie der Zufall, Dir
untergeordnet, nur die Faden geschickt ver¬
schlingt, die Du selbst gesponnen?" -- Es
gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die für
vollendet schön geachtet werden konnten, aber
vor Aureliens, das Gemüth tief ergreifen¬
dem Liebreiz verblaßte alles wie in unschein¬

Adern? — Sie kam Dir ſo fremd vor, aber
ſelbſt das gab ihr einen unnennbaren Reiz.
Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬
loſe Luͤſternheit, wenn Du verſtohlen ihre
Hand druͤcken konnteſt! — Aurelien hatte ich
nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬
ſehen, heute erſchien ſie, der Hofſitte gemaͤß,
in vollem Schmuck. — Wie ſchoͤn ſie war!
wie fuͤhlte ich mich bei ihrem Anblick von
unnennbarem Entzuͤcken, von ſuͤßer Wolluſt
durchſchauert! — Aber da wurde der Geiſt
des Boͤſen maͤchtig in mir und erhob ſeine
Stimme, der ich williges Ohr lieh. „Siehſt
Du es nun wohl, Medardus, ſo fluͤſterte es
mir zu: ſiehſt Du es nun wohl, wie Du
dem Geſchick gebieteſt, wie der Zufall, Dir
untergeordnet, nur die Faden geſchickt ver¬
ſchlingt, die Du ſelbſt geſponnen?“ — Es
gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die fuͤr
vollendet ſchoͤn geachtet werden konnten, aber
vor Aureliens, das Gemuͤth tief ergreifen¬
dem Liebreiz verblaßte alles wie in unſchein¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0015" n="7"/>
Adern? &#x2014; Sie kam Dir &#x017F;o fremd vor, aber<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t das gab ihr einen unnennbaren Reiz.<lb/>
Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬<lb/>
lo&#x017F;e Lu&#x0364;&#x017F;ternheit, wenn Du ver&#x017F;tohlen ihre<lb/>
Hand dru&#x0364;cken konnte&#x017F;t! &#x2014; Aurelien hatte ich<lb/>
nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬<lb/>
&#x017F;ehen, heute er&#x017F;chien &#x017F;ie, der Hof&#x017F;itte gema&#x0364;ß,<lb/>
in vollem Schmuck. &#x2014; Wie &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ie war!<lb/>
wie fu&#x0364;hlte ich mich bei ihrem Anblick von<lb/>
unnennbarem Entzu&#x0364;cken, von &#x017F;u&#x0364;ßer Wollu&#x017F;t<lb/>
durch&#x017F;chauert! &#x2014; Aber da wurde der Gei&#x017F;t<lb/>
des Bo&#x0364;&#x017F;en ma&#x0364;chtig in mir und erhob &#x017F;eine<lb/>
Stimme, der ich williges Ohr lieh. &#x201E;Sieh&#x017F;t<lb/>
Du es nun wohl, Medardus, &#x017F;o flu&#x0364;&#x017F;terte es<lb/>
mir zu: &#x017F;ieh&#x017F;t Du es nun wohl, wie Du<lb/>
dem Ge&#x017F;chick gebiete&#x017F;t, wie der Zufall, Dir<lb/>
untergeordnet, nur die Faden ge&#x017F;chickt ver¬<lb/>
&#x017F;chlingt, die Du &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ponnen?&#x201C; &#x2014; Es<lb/>
gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die fu&#x0364;r<lb/>
vollendet &#x017F;cho&#x0364;n geachtet werden konnten, aber<lb/>
vor Aureliens, das Gemu&#x0364;th tief ergreifen¬<lb/>
dem Liebreiz verblaßte alles wie in un&#x017F;chein¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0015] Adern? — Sie kam Dir ſo fremd vor, aber ſelbſt das gab ihr einen unnennbaren Reiz. Wie durchbebten Dich Wonne und namen¬ loſe Luͤſternheit, wenn Du verſtohlen ihre Hand druͤcken konnteſt! — Aurelien hatte ich nie anders als im einfachen Hauskleide ge¬ ſehen, heute erſchien ſie, der Hofſitte gemaͤß, in vollem Schmuck. — Wie ſchoͤn ſie war! wie fuͤhlte ich mich bei ihrem Anblick von unnennbarem Entzuͤcken, von ſuͤßer Wolluſt durchſchauert! — Aber da wurde der Geiſt des Boͤſen maͤchtig in mir und erhob ſeine Stimme, der ich williges Ohr lieh. „Siehſt Du es nun wohl, Medardus, ſo fluͤſterte es mir zu: ſiehſt Du es nun wohl, wie Du dem Geſchick gebieteſt, wie der Zufall, Dir untergeordnet, nur die Faden geſchickt ver¬ ſchlingt, die Du ſelbſt geſponnen?“ — Es gab in dem Cirkel des Hofes Frauen, die fuͤr vollendet ſchoͤn geachtet werden konnten, aber vor Aureliens, das Gemuͤth tief ergreifen¬ dem Liebreiz verblaßte alles wie in unſchein¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/15
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/15>, abgerufen am 22.11.2024.