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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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alles läugnete. -- Gott im Himmel! -- Dolch¬
stiche waren mir manche Reden, denn auf
wunderbare Weise sprach eine Stimme
in mir: er ist unschuldig und das wird klar
werden, wie der Tag. -- Ich empfand das
tiefste Mitleid mit ihm, gestehen mußte ich
es mir selbst, daß mir sein Bild, rief
ich es mir wieder zurück, Regungen erweckte,
die ich nicht mißdeuten konnte. Ja! -- ich
liebte ihn schon unaussprechlich, als er der
Welt noch ein frevelicher Verbrecher schien.
Ein Wunder mußte ihn und mich retten,
denn ich starb, so wie Leonard durch die
Hand des Henkers fiel. Er ist schuldlos,
er liebt mich, und bald ist er ganz mein.
So geht eine dunkle Ahnung aus frühen
Kindesjahren, die mir eine feindliche Macht
arglistig zu vertrüben suchte, herrlich, herrlich
auf in regen wonnigem Leben. O gieb mir, gieb
dem Geliebten Deinen Segen, Du fromme
Mutter! -- Ach könnte Dein glückliches Kind
nur ihre volle Himmelslust recht ausweinen

alles laͤugnete. — Gott im Himmel! — Dolch¬
ſtiche waren mir manche Reden, denn auf
wunderbare Weiſe ſprach eine Stimme
in mir: er iſt unſchuldig und das wird klar
werden, wie der Tag. — Ich empfand das
tiefſte Mitleid mit ihm, geſtehen mußte ich
es mir ſelbſt, daß mir ſein Bild, rief
ich es mir wieder zuruͤck, Regungen erweckte,
die ich nicht mißdeuten konnte. Ja! — ich
liebte ihn ſchon unausſprechlich, als er der
Welt noch ein frevelicher Verbrecher ſchien.
Ein Wunder mußte ihn und mich retten,
denn ich ſtarb, ſo wie Leonard durch die
Hand des Henkers fiel. Er iſt ſchuldlos,
er liebt mich, und bald iſt er ganz mein.
So geht eine dunkle Ahnung aus fruͤhen
Kindesjahren, die mir eine feindliche Macht
argliſtig zu vertruͤben ſuchte, herrlich, herrlich
auf in regen wonnigem Leben. O gieb mir, gieb
dem Geliebten Deinen Segen, Du fromme
Mutter! — Ach koͤnnte Dein gluͤckliches Kind
nur ihre volle Himmelsluſt recht ausweinen

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[137/0145] alles laͤugnete. — Gott im Himmel! — Dolch¬ ſtiche waren mir manche Reden, denn auf wunderbare Weiſe ſprach eine Stimme in mir: er iſt unſchuldig und das wird klar werden, wie der Tag. — Ich empfand das tiefſte Mitleid mit ihm, geſtehen mußte ich es mir ſelbſt, daß mir ſein Bild, rief ich es mir wieder zuruͤck, Regungen erweckte, die ich nicht mißdeuten konnte. Ja! — ich liebte ihn ſchon unausſprechlich, als er der Welt noch ein frevelicher Verbrecher ſchien. Ein Wunder mußte ihn und mich retten, denn ich ſtarb, ſo wie Leonard durch die Hand des Henkers fiel. Er iſt ſchuldlos, er liebt mich, und bald iſt er ganz mein. So geht eine dunkle Ahnung aus fruͤhen Kindesjahren, die mir eine feindliche Macht argliſtig zu vertruͤben ſuchte, herrlich, herrlich auf in regen wonnigem Leben. O gieb mir, gieb dem Geliebten Deinen Segen, Du fromme Mutter! — Ach koͤnnte Dein gluͤckliches Kind nur ihre volle Himmelsluſt recht ausweinen

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/145>, abgerufen am 03.05.2024.