stern leuchte, mir freundlich den Weg zei¬ gend, den ich wandeln soll!
(Einige Tage später.) Nein! Keine finstere Zweifel sollen mir die hellen Sonnentage verdüstern, die mir aufgegangen sind. Der ehrwürdige Pater Cyrillus hat dir, meine theure Mutter, wie ich weiß, schon ausführlich berichtet, welch eine schlimme Wendung der Prozeß Leonards nahm, den meine Uebereilung den bösen Criminalgerichten in die Hände gab. Daß der wirkliche Medardus eingefangen wurde, daß sein vielleicht verstellter Wahnsinn bald ganz nachließ, daß er seine Frevelthaten ein¬ gestand, daß er seine gerechte Strafe erwar¬ tet und ... doch nicht weiter, denn nur zu sehr würde das schmachvolle Schicksal des Verbrechers, der als Knabe Dir so theuer war, dein Herz verwunden. -- Der merk¬ würdige Prozeß war das einzige Gespräch bei Hofe. Man hielt Leonard für einen ver¬ schmizten, hartnäckigen Verbrecher, weil er
ſtern leuchte, mir freundlich den Weg zei¬ gend, den ich wandeln ſoll!
(Einige Tage ſpaͤter.) Nein! Keine finſtere Zweifel ſollen mir die hellen Sonnentage verduͤſtern, die mir aufgegangen ſind. Der ehrwuͤrdige Pater Cyrillus hat dir, meine theure Mutter, wie ich weiß, ſchon ausfuͤhrlich berichtet, welch eine ſchlimme Wendung der Prozeß Leonards nahm, den meine Uebereilung den boͤſen Criminalgerichten in die Haͤnde gab. Daß der wirkliche Medardus eingefangen wurde, daß ſein vielleicht verſtellter Wahnſinn bald ganz nachließ, daß er ſeine Frevelthaten ein¬ geſtand, daß er ſeine gerechte Strafe erwar¬ tet und ... doch nicht weiter, denn nur zu ſehr wuͤrde das ſchmachvolle Schickſal des Verbrechers, der als Knabe Dir ſo theuer war, dein Herz verwunden. — Der merk¬ wuͤrdige Prozeß war das einzige Geſpraͤch bei Hofe. Man hielt Leonard fuͤr einen ver¬ ſchmizten, hartnaͤckigen Verbrecher, weil er
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ſtern leuchte, mir freundlich den Weg zei¬
gend, den ich wandeln ſoll!
(Einige Tage ſpaͤter.)
Nein! Keine finſtere Zweifel ſollen mir
die hellen Sonnentage verduͤſtern, die mir
aufgegangen ſind. Der ehrwuͤrdige Pater
Cyrillus hat dir, meine theure Mutter, wie
ich weiß, ſchon ausfuͤhrlich berichtet, welch
eine ſchlimme Wendung der Prozeß Leonards
nahm, den meine Uebereilung den boͤſen
Criminalgerichten in die Haͤnde gab. Daß
der wirkliche Medardus eingefangen wurde,
daß ſein vielleicht verſtellter Wahnſinn bald
ganz nachließ, daß er ſeine Frevelthaten ein¬
geſtand, daß er ſeine gerechte Strafe erwar¬
tet und ... doch nicht weiter, denn nur zu
ſehr wuͤrde das ſchmachvolle Schickſal des
Verbrechers, der als Knabe Dir ſo theuer
war, dein Herz verwunden. — Der merk¬
wuͤrdige Prozeß war das einzige Geſpraͤch
bei Hofe. Man hielt Leonard fuͤr einen ver¬
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/144>, abgerufen am 05.12.2024.
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