Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Aurelie an die Aebtißin des Cister¬
zienser Nonnenklosters zu
....

Meine theure gute Mutter! mit welchen
Worten soll ich Dir's denn verkünden, daß
dein Kind glücklich ist, daß endlich die grause
Gestalt, die, wie ein schrecklich drohendes Ge¬
spenst, alle Blüthen abstreifend, alle Hof¬
nungen zerstörend in mein Leben trat, ge¬
bannt wurde, durch der Liebe göttlichen Zau¬
ber. Aber nun fällt es mir recht schwer
aufs Herz, daß wenn Du meines unglückli¬
chen Bruders, meines Vaters, den der
Gram tödtete, gedachtest und mich aufrichte¬
test in meinem trostlosen Jammer -- daß ich
dann Dir nicht, wie in heiliger Beichte, mein
Innres ganz aufschloß. Doch ich vermag
ja auch nun erst das düstre Geheimniß aus¬
zusprechen das tief in meiner Brust verbor¬
gen lag. Es ist, als wenn eine böse un¬
heimliche Macht mir mein höchstes Lebens¬
glück recht trügerisch wie ein grausiges
Schreckbild vorgaukelte. Ich sollte wie auf

Aurelie an die Aebtißin des Ciſter¬
zienſer Nonnenkloſters zu
....

Meine theure gute Mutter! mit welchen
Worten ſoll ich Dir's denn verkuͤnden, daß
dein Kind gluͤcklich iſt, daß endlich die grauſe
Geſtalt, die, wie ein ſchrecklich drohendes Ge¬
ſpenſt, alle Bluͤthen abſtreifend, alle Hof¬
nungen zerſtoͤrend in mein Leben trat, ge¬
bannt wurde, durch der Liebe goͤttlichen Zau¬
ber. Aber nun faͤllt es mir recht ſchwer
aufs Herz, daß wenn Du meines ungluͤckli¬
chen Bruders, meines Vaters, den der
Gram toͤdtete, gedachteſt und mich aufrichte¬
teſt in meinem troſtloſen Jammer — daß ich
dann Dir nicht, wie in heiliger Beichte, mein
Innres ganz aufſchloß. Doch ich vermag
ja auch nun erſt das duͤſtre Geheimniß aus¬
zuſprechen das tief in meiner Bruſt verbor¬
gen lag. Es iſt, als wenn eine boͤſe un¬
heimliche Macht mir mein hoͤchſtes Lebens¬
gluͤck recht truͤgeriſch wie ein grauſiges
Schreckbild vorgaukelte. Ich ſollte wie auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0124" n="116"/>
            <p><hi rendition="#g">Aurelie an die Aebtißin des Ci&#x017F;ter¬<lb/>
zien&#x017F;er Nonnenklo&#x017F;ters zu</hi> ....</p><lb/>
            <p>Meine theure gute Mutter! mit welchen<lb/>
Worten &#x017F;oll ich Dir's denn verku&#x0364;nden, daß<lb/>
dein Kind glu&#x0364;cklich i&#x017F;t, daß endlich die grau&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;talt, die, wie ein &#x017F;chrecklich drohendes Ge¬<lb/>
&#x017F;pen&#x017F;t, alle Blu&#x0364;then ab&#x017F;treifend, alle Hof¬<lb/>
nungen zer&#x017F;to&#x0364;rend in mein Leben trat, ge¬<lb/>
bannt wurde, durch der Liebe go&#x0364;ttlichen Zau¬<lb/>
ber. Aber nun fa&#x0364;llt es mir recht &#x017F;chwer<lb/>
aufs Herz, daß wenn Du meines unglu&#x0364;ckli¬<lb/>
chen Bruders, meines Vaters, den der<lb/>
Gram to&#x0364;dtete, gedachte&#x017F;t und mich aufrichte¬<lb/>
te&#x017F;t in meinem tro&#x017F;tlo&#x017F;en Jammer &#x2014; daß ich<lb/>
dann Dir nicht, wie in heiliger Beichte, mein<lb/>
Innres ganz auf&#x017F;chloß. Doch ich vermag<lb/>
ja auch nun er&#x017F;t das du&#x0364;&#x017F;tre Geheimniß aus¬<lb/>
zu&#x017F;prechen das tief in meiner Bru&#x017F;t verbor¬<lb/>
gen lag. Es i&#x017F;t, als wenn eine bo&#x0364;&#x017F;e un¬<lb/>
heimliche Macht mir mein ho&#x0364;ch&#x017F;tes Lebens¬<lb/>
glu&#x0364;ck recht tru&#x0364;geri&#x017F;ch wie ein grau&#x017F;iges<lb/>
Schreckbild vorgaukelte. Ich &#x017F;ollte wie auf<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0124] Aurelie an die Aebtißin des Ciſter¬ zienſer Nonnenkloſters zu .... Meine theure gute Mutter! mit welchen Worten ſoll ich Dir's denn verkuͤnden, daß dein Kind gluͤcklich iſt, daß endlich die grauſe Geſtalt, die, wie ein ſchrecklich drohendes Ge¬ ſpenſt, alle Bluͤthen abſtreifend, alle Hof¬ nungen zerſtoͤrend in mein Leben trat, ge¬ bannt wurde, durch der Liebe goͤttlichen Zau¬ ber. Aber nun faͤllt es mir recht ſchwer aufs Herz, daß wenn Du meines ungluͤckli¬ chen Bruders, meines Vaters, den der Gram toͤdtete, gedachteſt und mich aufrichte¬ teſt in meinem troſtloſen Jammer — daß ich dann Dir nicht, wie in heiliger Beichte, mein Innres ganz aufſchloß. Doch ich vermag ja auch nun erſt das duͤſtre Geheimniß aus¬ zuſprechen das tief in meiner Bruſt verbor¬ gen lag. Es iſt, als wenn eine boͤſe un¬ heimliche Macht mir mein hoͤchſtes Lebens¬ gluͤck recht truͤgeriſch wie ein grauſiges Schreckbild vorgaukelte. Ich ſollte wie auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/124
Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/124>, abgerufen am 03.05.2024.