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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816.

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Erforderniß jener alten Ritterzeit, und kein
geringes Verdienst für ein altstämmiges Fräu¬
lein, einen Junker zu gebären, zu dem die
arme bürgerliche Welt flehte: Bitte, friß
uns nicht, sondern schütze uns vor andern
Junkern; mit dem geistigen Vermögen ist
es nicht so. Sehr weise Väter erzielen oft
dumme Söhnchen, und es möchte, eben weil
die Zeit dem physischen Riterthum das psy¬
chische untergeschoben hat, Rücksichts des
Beweises angeerbten Adels ängstlicher seyn,
von Leibnitz abzustammen, als von Amadis
von Gallien oder sonst einem uralten Ritter
der Tafelrunde. In der einmal bestimmten
Richtung schreitet der Geist der Zeit vor¬
wärts, und die Lage des ahnenstolzen Adels
verschlimmert sich merklich; daher denn auch
wohl jenes taktlose, aus Anerkennung des
Verdienstes und widerlicher Herablassung ge¬
mischte Benehmen gegen, der Welt und dem
Staat hoch geltende Bürgerliche, das Erzeug¬
niß eines dunkeln, verzagten Gefühls seyn

Erforderniß jener alten Ritterzeit, und kein
geringes Verdienſt fuͤr ein altſtaͤmmiges Fraͤu¬
lein, einen Junker zu gebaͤren, zu dem die
arme buͤrgerliche Welt flehte: Bitte, friß
uns nicht, ſondern ſchuͤtze uns vor andern
Junkern; mit dem geiſtigen Vermoͤgen iſt
es nicht ſo. Sehr weiſe Vaͤter erzielen oft
dumme Soͤhnchen, und es moͤchte, eben weil
die Zeit dem phyſiſchen Riterthum das pſy¬
chiſche untergeſchoben hat, Ruͤckſichts des
Beweiſes angeerbten Adels aͤngſtlicher ſeyn,
von Leibnitz abzuſtammen, als von Amadis
von Gallien oder ſonſt einem uralten Ritter
der Tafelrunde. In der einmal beſtimmten
Richtung ſchreitet der Geiſt der Zeit vor¬
waͤrts, und die Lage des ahnenſtolzen Adels
verſchlimmert ſich merklich; daher denn auch
wohl jenes taktloſe, aus Anerkennung des
Verdienſtes und widerlicher Herablaſſung ge¬
miſchte Benehmen gegen, der Welt und dem
Staat hoch geltende Buͤrgerliche, das Erzeug¬
niß eines dunkeln, verzagten Gefuͤhls ſeyn

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[109/0117] Erforderniß jener alten Ritterzeit, und kein geringes Verdienſt fuͤr ein altſtaͤmmiges Fraͤu¬ lein, einen Junker zu gebaͤren, zu dem die arme buͤrgerliche Welt flehte: Bitte, friß uns nicht, ſondern ſchuͤtze uns vor andern Junkern; mit dem geiſtigen Vermoͤgen iſt es nicht ſo. Sehr weiſe Vaͤter erzielen oft dumme Soͤhnchen, und es moͤchte, eben weil die Zeit dem phyſiſchen Riterthum das pſy¬ chiſche untergeſchoben hat, Ruͤckſichts des Beweiſes angeerbten Adels aͤngſtlicher ſeyn, von Leibnitz abzuſtammen, als von Amadis von Gallien oder ſonſt einem uralten Ritter der Tafelrunde. In der einmal beſtimmten Richtung ſchreitet der Geiſt der Zeit vor¬ waͤrts, und die Lage des ahnenſtolzen Adels verſchlimmert ſich merklich; daher denn auch wohl jenes taktloſe, aus Anerkennung des Verdienſtes und widerlicher Herablaſſung ge¬ miſchte Benehmen gegen, der Welt und dem Staat hoch geltende Buͤrgerliche, das Erzeug¬ niß eines dunkeln, verzagten Gefuͤhls ſeyn

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 2. Berlin, 1816, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere02_1816/117>, abgerufen am 05.12.2024.