ich mir selbst ein gewisses innres Wohlbeha¬ gen, eine rege Heiterkeit des Geistes nicht abläugnen. Es war offenbar, daß der gei¬ stige Duft des Weins mich gestärkt hatte. Keine Spur der üblen Wirkung, von der Cyrillus gesprochen, empfand ich, und nur der entgegengesetzte wohlthätige Einfluß zeig¬ te sich auf auffallende Weise: je mehr ich über die Legende des heiligen Antonius nach¬ dachte, je lebhafter die Worte des Hofmei¬ sters in meinem Innern wiederklangen, desto gewisser wurde es mir, daß die Erklärung des Hofmeisters die richtige sey, und nun erst durchfuhr mich, wie ein leuchtender Blitz der Gedanke: daß, an jenem unglücklichen Ta¬ ge, als eine feindseelige Vision mich in der Predigt auf so zerstörende Weise unterbrach, ich ja selbst im Begriff gewesen, die Legende auf dieselbe Weise, als eine geistreiche be¬ lehrende Allegorie des heiligen Mannes vor¬ zutragen. Diesem Gedanken knüpfte sich ein anderer an, welcher bald mich so ganz und
ich mir ſelbſt ein gewiſſes innres Wohlbeha¬ gen, eine rege Heiterkeit des Geiſtes nicht ablaͤugnen. Es war offenbar, daß der gei¬ ſtige Duft des Weins mich geſtaͤrkt hatte. Keine Spur der uͤblen Wirkung, von der Cyrillus geſprochen, empfand ich, und nur der entgegengeſetzte wohlthaͤtige Einfluß zeig¬ te ſich auf auffallende Weiſe: je mehr ich uͤber die Legende des heiligen Antonius nach¬ dachte, je lebhafter die Worte des Hofmei¬ ſters in meinem Innern wiederklangen, deſto gewiſſer wurde es mir, daß die Erklaͤrung des Hofmeiſters die richtige ſey, und nun erſt durchfuhr mich, wie ein leuchtender Blitz der Gedanke: daß, an jenem ungluͤcklichen Ta¬ ge, als eine feindſeelige Viſion mich in der Predigt auf ſo zerſtoͤrende Weiſe unterbrach, ich ja ſelbſt im Begriff geweſen, die Legende auf dieſelbe Weiſe, als eine geiſtreiche be¬ lehrende Allegorie des heiligen Mannes vor¬ zutragen. Dieſem Gedanken knuͤpfte ſich ein anderer an, welcher bald mich ſo ganz und
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ich mir ſelbſt ein gewiſſes innres Wohlbeha¬
gen, eine rege Heiterkeit des Geiſtes nicht
ablaͤugnen. Es war offenbar, daß der gei¬
ſtige Duft des Weins mich geſtaͤrkt hatte.
Keine Spur der uͤblen Wirkung, von der
Cyrillus geſprochen, empfand ich, und nur
der entgegengeſetzte wohlthaͤtige Einfluß zeig¬
te ſich auf auffallende Weiſe: je mehr ich
uͤber die Legende des heiligen Antonius nach¬
dachte, je lebhafter die Worte des Hofmei¬
ſters in meinem Innern wiederklangen, deſto
gewiſſer wurde es mir, daß die Erklaͤrung
des Hofmeiſters die richtige ſey, und nun
erſt durchfuhr mich, wie ein leuchtender Blitz
der Gedanke: daß, an jenem ungluͤcklichen Ta¬
ge, als eine feindſeelige Viſion mich in der
Predigt auf ſo zerſtoͤrende Weiſe unterbrach,
ich ja ſelbſt im Begriff geweſen, die Legende
auf dieſelbe Weiſe, als eine geiſtreiche be¬
lehrende Allegorie des heiligen Mannes vor¬
zutragen. Dieſem Gedanken knuͤpfte ſich ein
anderer an, welcher bald mich ſo ganz und
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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/88>, abgerufen am 03.05.2024.
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