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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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tern aller Art umgeben, und verblendet, in¬
sonderheit aber der Hofmarschall ein ahnen¬
stolzer abgeschmackter Pinsel, der erste Minister
ein ränkevoller habsüchtiger Bösewicht, die
Kammerjunker müssen aber lockere Menschen
und Mädchenverführer seyn. -- Jedes Ge¬
sicht ist kunstmäßig in freundliche Falten ge¬
legt, aber im Herzen Lug und Trug; sie
schmelzen vor Freundschaft und Zärtlichkeit,
sie bücken und krümmen sich, aber jeder ist
des andern unversöhnlicher Feind, und sucht
ihm hinterlistig ein Bein zu stellen, daß er
rettungslos umschlägt, und der Hintermann
in seine Stelle tritt, bis ihm ein gleiches wie¬
derfährt. Die Hofdamen sind häßlich, stolz,
ränkevoll, dabei verliebt, und stellen Netze
und Sprenkeln, vor denen man sich zu hü¬
ten hat, wie vor dem Feuer! -- So stand
das Bild eines Hofes in meiner Seele, als
ich im Seminar so viel davon gelesen; es
war mir immer, als treibe der Teufel da
recht ungestört sein Spiel, und unerachtet

tern aller Art umgeben, und verblendet, in¬
ſonderheit aber der Hofmarſchall ein ahnen¬
ſtolzer abgeſchmackter Pinſel, der erſte Miniſter
ein raͤnkevoller habſuͤchtiger Boͤſewicht, die
Kammerjunker muͤſſen aber lockere Menſchen
und Maͤdchenverfuͤhrer ſeyn. — Jedes Ge¬
ſicht iſt kunſtmaͤßig in freundliche Falten ge¬
legt, aber im Herzen Lug und Trug; ſie
ſchmelzen vor Freundſchaft und Zaͤrtlichkeit,
ſie buͤcken und kruͤmmen ſich, aber jeder iſt
des andern unverſoͤhnlicher Feind, und ſucht
ihm hinterliſtig ein Bein zu ſtellen, daß er
rettungslos umſchlaͤgt, und der Hintermann
in ſeine Stelle tritt, bis ihm ein gleiches wie¬
derfaͤhrt. Die Hofdamen ſind haͤßlich, ſtolz,
raͤnkevoll, dabei verliebt, und ſtellen Netze
und Sprenkeln, vor denen man ſich zu huͤ¬
ten hat, wie vor dem Feuer! — So ſtand
das Bild eines Hofes in meiner Seele, als
ich im Seminar ſo viel davon geleſen; es
war mir immer, als treibe der Teufel da
recht ungeſtoͤrt ſein Spiel, und unerachtet

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[313/0329] tern aller Art umgeben, und verblendet, in¬ ſonderheit aber der Hofmarſchall ein ahnen¬ ſtolzer abgeſchmackter Pinſel, der erſte Miniſter ein raͤnkevoller habſuͤchtiger Boͤſewicht, die Kammerjunker muͤſſen aber lockere Menſchen und Maͤdchenverfuͤhrer ſeyn. — Jedes Ge¬ ſicht iſt kunſtmaͤßig in freundliche Falten ge¬ legt, aber im Herzen Lug und Trug; ſie ſchmelzen vor Freundſchaft und Zaͤrtlichkeit, ſie buͤcken und kruͤmmen ſich, aber jeder iſt des andern unverſoͤhnlicher Feind, und ſucht ihm hinterliſtig ein Bein zu ſtellen, daß er rettungslos umſchlaͤgt, und der Hintermann in ſeine Stelle tritt, bis ihm ein gleiches wie¬ derfaͤhrt. Die Hofdamen ſind haͤßlich, ſtolz, raͤnkevoll, dabei verliebt, und ſtellen Netze und Sprenkeln, vor denen man ſich zu huͤ¬ ten hat, wie vor dem Feuer! — So ſtand das Bild eines Hofes in meiner Seele, als ich im Seminar ſo viel davon geleſen; es war mir immer, als treibe der Teufel da recht ungeſtoͤrt ſein Spiel, und unerachtet

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/329>, abgerufen am 27.11.2024.