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[Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815.

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kindlich fromme Blick des dunkelblauen Au¬
ges, die weichgeformten Lippen, der wie in
betender Andacht sanft vorgebeugte Nacken,
die hohe schlanke Gestalt, nicht Aurelie, die
heilige Rosalie selbst war es. -- Sogar der
Azurblaue Schawl, den Aurelie über das
dunkelrothe Kleid geschlagen war im fantasti¬
schen Faltenwurf ganz dem Gewande ähn¬
lich, wie es die Heilige auf jenem Gemählde,
und eben die Unbekannte in jener Vision
trug. -- Was war der Baronesse üppige
Schönheit gegen Aureliens himmlischen Lieb¬
reiz. Nur sie sah ich, indem alles um mich
verschwunden. Meine innere Bewegung konn¬
te den Umstehenden nicht entgehen. "Was
ist Ihnen, ehrwürdiger Herr! fing der Ba¬
ron an; Sie scheinen auf ganz besondere
Weise bewegt?" -- Diese Worte brachten
mich zu mir selbst, ja ich fühlte in dem Augen¬
blick eine übermenschliche Kraft in mir em¬
porkeimen, einen nie gefühlten Muth alles

kindlich fromme Blick des dunkelblauen Au¬
ges, die weichgeformten Lippen, der wie in
betender Andacht ſanft vorgebeugte Nacken,
die hohe ſchlanke Geſtalt, nicht Aurelie, die
heilige Roſalie ſelbſt war es. — Sogar der
Azurblaue Schawl, den Aurelie uͤber das
dunkelrothe Kleid geſchlagen war im fantaſti¬
ſchen Faltenwurf ganz dem Gewande aͤhn¬
lich, wie es die Heilige auf jenem Gemaͤhlde,
und eben die Unbekannte in jener Viſion
trug. — Was war der Baroneſſe uͤppige
Schoͤnheit gegen Aureliens himmliſchen Lieb¬
reiz. Nur ſie ſah ich, indem alles um mich
verſchwunden. Meine innere Bewegung konn¬
te den Umſtehenden nicht entgehen. „Was
iſt Ihnen, ehrwuͤrdiger Herr! fing der Ba¬
ron an; Sie ſcheinen auf ganz beſondere
Weiſe bewegt?“ — Dieſe Worte brachten
mich zu mir ſelbſt, ja ich fuͤhlte in dem Augen¬
blick eine uͤbermenſchliche Kraft in mir em¬
porkeimen, einen nie gefuͤhlten Muth alles

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[139/0155] kindlich fromme Blick des dunkelblauen Au¬ ges, die weichgeformten Lippen, der wie in betender Andacht ſanft vorgebeugte Nacken, die hohe ſchlanke Geſtalt, nicht Aurelie, die heilige Roſalie ſelbſt war es. — Sogar der Azurblaue Schawl, den Aurelie uͤber das dunkelrothe Kleid geſchlagen war im fantaſti¬ ſchen Faltenwurf ganz dem Gewande aͤhn¬ lich, wie es die Heilige auf jenem Gemaͤhlde, und eben die Unbekannte in jener Viſion trug. — Was war der Baroneſſe uͤppige Schoͤnheit gegen Aureliens himmliſchen Lieb¬ reiz. Nur ſie ſah ich, indem alles um mich verſchwunden. Meine innere Bewegung konn¬ te den Umſtehenden nicht entgehen. „Was iſt Ihnen, ehrwuͤrdiger Herr! fing der Ba¬ ron an; Sie ſcheinen auf ganz beſondere Weiſe bewegt?“ — Dieſe Worte brachten mich zu mir ſelbſt, ja ich fuͤhlte in dem Augen¬ blick eine uͤbermenſchliche Kraft in mir em¬ porkeimen, einen nie gefuͤhlten Muth alles

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Die Elixiere des Teufels. Bd. 1. Berlin, 1815, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_elixiere01_1815/155>, abgerufen am 27.11.2024.