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Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Und sah die Sonne blühn, und sich an ihr
Den Jugendtag der stillen Erd' entzünden.
Da ward in mir Gesang, und helle ward
Mein dämmernd Herz im dichtenden Gebet, --
Wenn ich die Fremdlinge, die gegenwärt'gen,
Die Götter der Natur, mit Namen nannte,
Und mir der Geist im Wort -- -- --
Im seligen, des Lebens Räthsel lös'te.
So wuchs ich still herauf und anderes
War schon bereitet. Denn gewaltsamer
Wie Wasser, schlug die wilde Menschenwelle
Mir an die Brust, und aus dem Irrsal kam
Des armen Volkes Stimme mir zum Ohre.
Und wenn, indeß ich in der Halle schwieg,
Um Mitternacht der Aufruhr weheklagt',
Und durchs Gefilde stürzt', und lebensmüd
Mit eigner Hand sein eignes Haus zerbrach -- --
Wenn sich die Brüder flohn, und sich die Liebsten
Vorüber eilten, und der Vater nicht
Den Sohn erkannt' und Menschenwort nicht mehr
Verständlich war und menschliches Gesetz:
Da faßte mich die Deutung schaudernd an,
Es war der scheidende Gott meines Volks!
Den hört' ich, und zum schweigenden Gestirn
Sah' ich hinauf, wo er herabgekommen.
Und ihn zu sühnen ging ich hin. Noch wurden uns
Der schönen Tage viel. Noch schien es sich
Und ſah die Sonne bluͤhn, und ſich an ihr
Den Jugendtag der ſtillen Erd' entzuͤnden.
Da ward in mir Geſang, und helle ward
Mein daͤmmernd Herz im dichtenden Gebet, —
Wenn ich die Fremdlinge, die gegenwaͤrt'gen,
Die Goͤtter der Natur, mit Namen nannte,
Und mir der Geiſt im Wort — — —
Im ſeligen, des Lebens Raͤthſel loͤſ'te.
So wuchs ich ſtill herauf und anderes
War ſchon bereitet. Denn gewaltſamer
Wie Waſſer, ſchlug die wilde Menſchenwelle
Mir an die Bruſt, und aus dem Irrſal kam
Des armen Volkes Stimme mir zum Ohre.
Und wenn, indeß ich in der Halle ſchwieg,
Um Mitternacht der Aufruhr weheklagt',
Und durchs Gefilde ſtuͤrzt', und lebensmuͤd
Mit eigner Hand ſein eignes Haus zerbrach — —
Wenn ſich die Bruͤder flohn, und ſich die Liebſten
Voruͤber eilten, und der Vater nicht
Den Sohn erkannt' und Menſchenwort nicht mehr
Verſtaͤndlich war und menſchliches Geſetz:
Da faßte mich die Deutung ſchaudernd an,
Es war der ſcheidende Gott meines Volks!
Den hoͤrt' ich, und zum ſchweigenden Geſtirn
Sah' ich hinauf, wo er herabgekommen.
Und ihn zu ſuͤhnen ging ich hin. Noch wurden uns
Der ſchoͤnen Tage viel. Noch ſchien es ſich
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[223/0231] Und ſah die Sonne bluͤhn, und ſich an ihr Den Jugendtag der ſtillen Erd' entzuͤnden. Da ward in mir Geſang, und helle ward Mein daͤmmernd Herz im dichtenden Gebet, — Wenn ich die Fremdlinge, die gegenwaͤrt'gen, Die Goͤtter der Natur, mit Namen nannte, Und mir der Geiſt im Wort — — — Im ſeligen, des Lebens Raͤthſel loͤſ'te. So wuchs ich ſtill herauf und anderes War ſchon bereitet. Denn gewaltſamer Wie Waſſer, ſchlug die wilde Menſchenwelle Mir an die Bruſt, und aus dem Irrſal kam Des armen Volkes Stimme mir zum Ohre. Und wenn, indeß ich in der Halle ſchwieg, Um Mitternacht der Aufruhr weheklagt', Und durchs Gefilde ſtuͤrzt', und lebensmuͤd Mit eigner Hand ſein eignes Haus zerbrach — — Wenn ſich die Bruͤder flohn, und ſich die Liebſten Voruͤber eilten, und der Vater nicht Den Sohn erkannt' und Menſchenwort nicht mehr Verſtaͤndlich war und menſchliches Geſetz: Da faßte mich die Deutung ſchaudernd an, Es war der ſcheidende Gott meines Volks! Den hoͤrt' ich, und zum ſchweigenden Geſtirn Sah' ich hinauf, wo er herabgekommen. Und ihn zu ſuͤhnen ging ich hin. Noch wurden uns Der ſchoͤnen Tage viel. Noch ſchien es ſich

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Zitationshilfe: Hölderlin, Friedrich: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoelderlin_gedichte_1826/231>, abgerufen am 24.11.2024.