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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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zum voraus protestiren daß die Nachwelt nicht
diese Periode zum Maaßstabe ihres Urtheils über
uns annimmt, sondern sie als eine temporelle
Verirrung des menschlichen Verstandes, als eine
gewöhnliche Erscheinung in der Geschichte der
Menschen, die im großen Luxus und Verzärte-
lung des Körpers und des Geistes leben, be-
trachtet.

Diese Geschichten sind voll von abentheuer-
lichen und albernen Dingen, die sich gar nicht
für unsere Zeiten passen. Was sollen unsere
jungen Herrn und Domen ohne Saft und
Kraft, die Possen und Abentheuer jener Riesen
lesen, die nicht einmal im Buche das sind, was
sie waren, an denen die Autoren eine Todsünde
begehen? sollen sie sich damit vergnügen was
sie nicht werden können? Wenn dies Zweck ist:
so kann er erreicht werden, denn man will gern
seyn, was man nicht ist, macht gern gewiße Ver-
gleichungen, wobei man den Nachtheil auf un-
serer Seite am liebsten übersiehet.

Die Verfasser dieser Geschichten verstehen
sich gar schlecht auf das Costüm jener Zeiten;
sie modeln da einige alte Worte her, deren
Sinn sie selbst oft nur rathen, sie bramarbasi-
ren, und glauben den Geist der Ritterzeiten ge-
funden zu haben. Die Ritter aus dem zwölf-

zum voraus proteſtiren daß die Nachwelt nicht
dieſe Periode zum Maaßſtabe ihres Urtheils uͤber
uns annimmt, ſondern ſie als eine temporelle
Verirrung des menſchlichen Verſtandes, als eine
gewoͤhnliche Erſcheinung in der Geſchichte der
Menſchen, die im großen Luxus und Verzaͤrte-
lung des Koͤrpers und des Geiſtes leben, be-
trachtet.

Dieſe Geſchichten ſind voll von abentheuer-
lichen und albernen Dingen, die ſich gar nicht
fuͤr unſere Zeiten paſſen. Was ſollen unſere
jungen Herrn und Domen ohne Saft und
Kraft, die Poſſen und Abentheuer jener Rieſen
leſen, die nicht einmal im Buche das ſind, was
ſie waren, an denen die Autoren eine Todſuͤnde
begehen? ſollen ſie ſich damit vergnuͤgen was
ſie nicht werden koͤnnen? Wenn dies Zweck iſt:
ſo kann er erreicht werden, denn man will gern
ſeyn, was man nicht iſt, macht gern gewiße Ver-
gleichungen, wobei man den Nachtheil auf un-
ſerer Seite am liebſten uͤberſiehet.

Die Verfaſſer dieſer Geſchichten verſtehen
ſich gar ſchlecht auf das Coſtuͤm jener Zeiten;
ſie modeln da einige alte Worte her, deren
Sinn ſie ſelbſt oft nur rathen, ſie bramarbaſi-
ren, und glauben den Geiſt der Ritterzeiten ge-
funden zu haben. Die Ritter aus dem zwoͤlf-

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[46/0046] zum voraus proteſtiren daß die Nachwelt nicht dieſe Periode zum Maaßſtabe ihres Urtheils uͤber uns annimmt, ſondern ſie als eine temporelle Verirrung des menſchlichen Verſtandes, als eine gewoͤhnliche Erſcheinung in der Geſchichte der Menſchen, die im großen Luxus und Verzaͤrte- lung des Koͤrpers und des Geiſtes leben, be- trachtet. Dieſe Geſchichten ſind voll von abentheuer- lichen und albernen Dingen, die ſich gar nicht fuͤr unſere Zeiten paſſen. Was ſollen unſere jungen Herrn und Domen ohne Saft und Kraft, die Poſſen und Abentheuer jener Rieſen leſen, die nicht einmal im Buche das ſind, was ſie waren, an denen die Autoren eine Todſuͤnde begehen? ſollen ſie ſich damit vergnuͤgen was ſie nicht werden koͤnnen? Wenn dies Zweck iſt: ſo kann er erreicht werden, denn man will gern ſeyn, was man nicht iſt, macht gern gewiße Ver- gleichungen, wobei man den Nachtheil auf un- ſerer Seite am liebſten uͤberſiehet. Die Verfaſſer dieſer Geſchichten verſtehen ſich gar ſchlecht auf das Coſtuͤm jener Zeiten; ſie modeln da einige alte Worte her, deren Sinn ſie ſelbſt oft nur rathen, ſie bramarbaſi- ren, und glauben den Geiſt der Ritterzeiten ge- funden zu haben. Die Ritter aus dem zwoͤlf-

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/46>, abgerufen am 24.11.2024.