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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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nen Zweck dabei haben, das eben so schwer zu
lösen seyn möchte als die Frage: zu welcher Art
von Epopöen diese dialogisirten Geschichten und
die folgenden Rittermähren gehören? Von die-
sen letzten werde ich Sie in meinem folgenden
Briefe unterhalten.




Meinem letztern Versprechen gemäß kom-
me ich Heute auf eine Art von Schriften, wo-
mit Deutschland seit einiger Zeit so überschwemmt
wird, daß zu wünschen wäre, es möchte ein
Cervantes einen neuen Don Quirot auftreten
lassen, um dem Unwesen die Krone aufzusetzen.
Unsere jetzigen Rittergeschichten unterscheiden sich
von jenen Donquixotischen darin daß sie um ein
paar Jahrhunderte später gefchrieben sind. Jn
Absicht des Gehalts und der Menge ist die Ver-
schiedenheit größer. Die alten Ritter aus dem
Orden der Chevallerie musten schwören die Un-
schuld und die Geistlichen zu vertheidigen, die
neuern haben fast immer die Aebte, Prälaten
und Mönche zu Gegenständen ihres Haßes und

nen Zweck dabei haben, das eben ſo ſchwer zu
loͤſen ſeyn moͤchte als die Frage: zu welcher Art
von Epopoͤen dieſe dialogiſirten Geſchichten und
die folgenden Rittermaͤhren gehoͤren? Von die-
ſen letzten werde ich Sie in meinem folgenden
Briefe unterhalten.




Meinem letztern Verſprechen gemaͤß kom-
me ich Heute auf eine Art von Schriften, wo-
mit Deutſchland ſeit einiger Zeit ſo uͤberſchwemmt
wird, daß zu wuͤnſchen waͤre, es moͤchte ein
Cervantes einen neuen Don Quirot auftreten
laſſen, um dem Unweſen die Krone aufzuſetzen.
Unſere jetzigen Rittergeſchichten unterſcheiden ſich
von jenen Donquixotiſchen darin daß ſie um ein
paar Jahrhunderte ſpaͤter gefchrieben ſind. Jn
Abſicht des Gehalts und der Menge iſt die Ver-
ſchiedenheit groͤßer. Die alten Ritter aus dem
Orden der Chevallerie muſten ſchwoͤren die Un-
ſchuld und die Geiſtlichen zu vertheidigen, die
neuern haben faſt immer die Aebte, Praͤlaten
und Moͤnche zu Gegenſtaͤnden ihres Haßes und

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[44/0044] nen Zweck dabei haben, das eben ſo ſchwer zu loͤſen ſeyn moͤchte als die Frage: zu welcher Art von Epopoͤen dieſe dialogiſirten Geſchichten und die folgenden Rittermaͤhren gehoͤren? Von die- ſen letzten werde ich Sie in meinem folgenden Briefe unterhalten. Am 28ſten des Dezembers. Meinem letztern Verſprechen gemaͤß kom- me ich Heute auf eine Art von Schriften, wo- mit Deutſchland ſeit einiger Zeit ſo uͤberſchwemmt wird, daß zu wuͤnſchen waͤre, es moͤchte ein Cervantes einen neuen Don Quirot auftreten laſſen, um dem Unweſen die Krone aufzuſetzen. Unſere jetzigen Rittergeſchichten unterſcheiden ſich von jenen Donquixotiſchen darin daß ſie um ein paar Jahrhunderte ſpaͤter gefchrieben ſind. Jn Abſicht des Gehalts und der Menge iſt die Ver- ſchiedenheit groͤßer. Die alten Ritter aus dem Orden der Chevallerie muſten ſchwoͤren die Un- ſchuld und die Geiſtlichen zu vertheidigen, die neuern haben faſt immer die Aebte, Praͤlaten und Moͤnche zu Gegenſtaͤnden ihres Haßes und

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/44>, abgerufen am 24.04.2024.