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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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Wenn wir anfangen allgemein an Geister-
nähe und Geistereinwirkung zu glauben: so
muß der Mensch seinen eigenen Werth, verliehren.
Unter tausend Fällen wird er nicht ent-
scheiden können, welches sein eigenes Ver-
dienst ist. Jch dächte man ließe dem Men-
schen seine hohe Jdee von der Freiheit sei-
nes Willens, und von dem Adel seiner Natur,
die seinem Wesen und seinem Verstande so an-
gemessen, so anständig ist. Wenn Geister auf
den Menschen wirken, so können sie auch durch
ihn handeln, und so stehen wir an lauter Jn-
spiration und an lauter Wundern, -- denn
was sind diese anders, als Handlungen die durch
Einwirkung eines höhern Wesens verrichtet wer-
den. Wer hindert uns denn in der moralischen
Welt lauter Wunder anzunehmen, und bei un-
sern Handlungen so lange zu warten bis uns
der Geist ergreift? die Summe des Guten kann
dadurch einen großen Zuwachs erhalten!!! Die
lieben Seeligen werden sich schon alle Mühe
um uns geben, denn sie müßen ja nach allen
Rechtsgründen einen Theil des Lohns davon
tragen, so wie der böse Einwirker einen Theil
der Strafe, oder soll uns allein nach einer
neuen Gerechtigkeit beides zufallen? dies kann
es doch wol nur, wenn es Folge unseres freien
Willens ist, denn man muß ja doch auf

C

Wenn wir anfangen allgemein an Geiſter-
naͤhe und Geiſtereinwirkung zu glauben: ſo
muß der Menſch ſeinen eigenen Werth, verliehren.
Unter tauſend Faͤllen wird er nicht ent-
ſcheiden koͤnnen, welches ſein eigenes Ver-
dienſt iſt. Jch daͤchte man ließe dem Men-
ſchen ſeine hohe Jdee von der Freiheit ſei-
nes Willens, und von dem Adel ſeiner Natur,
die ſeinem Weſen und ſeinem Verſtande ſo an-
gemeſſen, ſo anſtaͤndig iſt. Wenn Geiſter auf
den Menſchen wirken, ſo koͤnnen ſie auch durch
ihn handeln, und ſo ſtehen wir an lauter Jn-
ſpiration und an lauter Wundern, — denn
was ſind dieſe anders, als Handlungen die durch
Einwirkung eines hoͤhern Weſens verrichtet wer-
den. Wer hindert uns denn in der moraliſchen
Welt lauter Wunder anzunehmen, und bei un-
ſern Handlungen ſo lange zu warten bis uns
der Geiſt ergreift? die Summe des Guten kann
dadurch einen großen Zuwachs erhalten!!! Die
lieben Seeligen werden ſich ſchon alle Muͤhe
um uns geben, denn ſie muͤßen ja nach allen
Rechtsgruͤnden einen Theil des Lohns davon
tragen, ſo wie der boͤſe Einwirker einen Theil
der Strafe, oder ſoll uns allein nach einer
neuen Gerechtigkeit beides zufallen? dies kann
es doch wol nur, wenn es Folge unſeres freien
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[33/0033] Wenn wir anfangen allgemein an Geiſter- naͤhe und Geiſtereinwirkung zu glauben: ſo muß der Menſch ſeinen eigenen Werth, verliehren. Unter tauſend Faͤllen wird er nicht ent- ſcheiden koͤnnen, welches ſein eigenes Ver- dienſt iſt. Jch daͤchte man ließe dem Men- ſchen ſeine hohe Jdee von der Freiheit ſei- nes Willens, und von dem Adel ſeiner Natur, die ſeinem Weſen und ſeinem Verſtande ſo an- gemeſſen, ſo anſtaͤndig iſt. Wenn Geiſter auf den Menſchen wirken, ſo koͤnnen ſie auch durch ihn handeln, und ſo ſtehen wir an lauter Jn- ſpiration und an lauter Wundern, — denn was ſind dieſe anders, als Handlungen die durch Einwirkung eines hoͤhern Weſens verrichtet wer- den. Wer hindert uns denn in der moraliſchen Welt lauter Wunder anzunehmen, und bei un- ſern Handlungen ſo lange zu warten bis uns der Geiſt ergreift? die Summe des Guten kann dadurch einen großen Zuwachs erhalten!!! Die lieben Seeligen werden ſich ſchon alle Muͤhe um uns geben, denn ſie muͤßen ja nach allen Rechtsgruͤnden einen Theil des Lohns davon tragen, ſo wie der boͤſe Einwirker einen Theil der Strafe, oder ſoll uns allein nach einer neuen Gerechtigkeit beides zufallen? dies kann es doch wol nur, wenn es Folge unſeres freien Willens iſt, denn man muß ja doch auf C

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/33>, abgerufen am 24.11.2024.