Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.het. Keine Empfindungen aber können ange- het. Keine Empfindungen aber koͤnnen ange- <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="130"/> het. Keine Empfindungen aber koͤnnen ange-<lb/> nehmer ſeyn als die „der Bewunderung, der<lb/> Verehrung, Andacht und Liebe, des Mitleids,<lb/> der Beſaͤnftigung und der <hi rendition="#fr">Gemuͤthsruhe</hi>‟ in<lb/> deren Genuß das hoͤchſte Vergnuͤgen beſtehet,<lb/> die uns die Gegenſtaͤnde, denen wir ſie ſchen-<lb/> ken, oder die ſie in uns hervorbringen, ſo ſehr<lb/> intereſſant machen, Nachahmung erwecken, und<lb/> unſer Herz und unſere Denkungsart veredeln.<lb/> Sind dies aber Empfindungen die aus Aben-<lb/> theuern hervorgehen koͤnnen? dieſe haben viel-<lb/> mehr Erſtaunen, Schrecken, Grauſen, Gemuͤths-<lb/> unruhe zur Folge. Solche abeutheuerliche Buͤ-<lb/> cher ſollten ſchon aus dieſer Urſache keinen Ein-<lb/> gang finden, aber leider finden ſie ihn nur zu<lb/> ſehr. Ein Unbeſcheidener koͤnnte vielleicht den<lb/> Leſern die Faͤhigkeit fuͤr jene ſchoͤnen Empfin-<lb/> dungen abſprechen, ich mag aber nicht ſo hart<lb/> daruͤber urtheilen. Jndeß ſcheint es mir doch,<lb/> als koͤnnte ich mir keine befriedigenden Ant-<lb/> worten auf die Fragen geben: Warum gibt<lb/> man manchem Charakter Beifall der ihn nicht<lb/> verdient? warum vergnuͤgt man ſich an cha-<lb/> rakteriſtiſchen Karrikaturen? Sollte es den Er-<lb/> wachſenen wie den Kindern gehen, daß das<lb/> Rohe, Abſcheuliche die Aufmerkſamkeit am<lb/> meiſten feſſelt, am meiſten gefaͤllt? —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [130/0130]
het. Keine Empfindungen aber koͤnnen ange-
nehmer ſeyn als die „der Bewunderung, der
Verehrung, Andacht und Liebe, des Mitleids,
der Beſaͤnftigung und der Gemuͤthsruhe‟ in
deren Genuß das hoͤchſte Vergnuͤgen beſtehet,
die uns die Gegenſtaͤnde, denen wir ſie ſchen-
ken, oder die ſie in uns hervorbringen, ſo ſehr
intereſſant machen, Nachahmung erwecken, und
unſer Herz und unſere Denkungsart veredeln.
Sind dies aber Empfindungen die aus Aben-
theuern hervorgehen koͤnnen? dieſe haben viel-
mehr Erſtaunen, Schrecken, Grauſen, Gemuͤths-
unruhe zur Folge. Solche abeutheuerliche Buͤ-
cher ſollten ſchon aus dieſer Urſache keinen Ein-
gang finden, aber leider finden ſie ihn nur zu
ſehr. Ein Unbeſcheidener koͤnnte vielleicht den
Leſern die Faͤhigkeit fuͤr jene ſchoͤnen Empfin-
dungen abſprechen, ich mag aber nicht ſo hart
daruͤber urtheilen. Jndeß ſcheint es mir doch,
als koͤnnte ich mir keine befriedigenden Ant-
worten auf die Fragen geben: Warum gibt
man manchem Charakter Beifall der ihn nicht
verdient? warum vergnuͤgt man ſich an cha-
rakteriſtiſchen Karrikaturen? Sollte es den Er-
wachſenen wie den Kindern gehen, daß das
Rohe, Abſcheuliche die Aufmerkſamkeit am
meiſten feſſelt, am meiſten gefaͤllt? —
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