Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.Aehnlichkeit eines Romanenhelden oder Heldin Der Wirkungskreis, die Thätigkeitsbahn des Aehnlichkeit eines Romanenhelden oder Heldin Der Wirkungskreis, die Thaͤtigkeitsbahn des <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="107"/> Aehnlichkeit eines Romanenhelden oder Heldin<lb/> ab? O die getaͤuſchten Maͤdchen und betrogenen<lb/> Maͤnner!</p><lb/> <p>Der Wirkungskreis, die Thaͤtigkeitsbahn des<lb/> jungen Mannes iſt anders bezeichnet als er ſich<lb/><hi rendition="#fr">einbildete;</hi> er wandert als Fremdling darauf,<lb/> der ſich immer verliehrt, und nicht wieder zu<lb/> finden weiß. Der Sinn fuͤr dieſe Laufbahn iſt<lb/> verlohren, ſeine ſchoͤne Jdeale in nichts verwan-<lb/> delt, er klagt und ſeufzt uͤber ſein Mißgeſchick.<lb/> Die Menſchen ſcheinen ihm ungluͤcklich — Zu<lb/> ſeiner Ehre kann man es geſtehen, daß ſein<lb/> Syſtem ein Gluͤckſeligkeitsſyſtem ſeyn ſoll — er<lb/> wollte helfen und kannte nicht die Mittel, fand<lb/> auch wol, daß andere gar ſo ungluͤcklich nicht<lb/> ſeyn wollten wie er ſie glaubte, ihr Widerſtand<lb/> vermehrt ſeinen Mißmuth, er nennt ſie undank-<lb/> bar, waͤhnt ſich in ſeiner Klugheit verachtet;<lb/> das Laͤcheln anderer uͤber ſeine Thorheit ſcheint<lb/> ihm Ungrechtigkeit, er ſiehet ſich als Maͤrtyrer<lb/> der guten Sache an; die Welt wird ihm zu en-<lb/> ge, er findet ſie nicht gut genug, und Unzufrie-<lb/> denheit mit ſich ſelbſt und mit dem Urheber des<lb/> Univerſums verſcheucht alle Heiterkeit und raubt<lb/> ihm den wahren Lebensgenuß. Es gehet ihm,<lb/> wie manchem Reiſenden der nirgend etwas gutes<lb/> findet, als allein in ſeinem Vaterlande. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [107/0107]
Aehnlichkeit eines Romanenhelden oder Heldin
ab? O die getaͤuſchten Maͤdchen und betrogenen
Maͤnner!
Der Wirkungskreis, die Thaͤtigkeitsbahn des
jungen Mannes iſt anders bezeichnet als er ſich
einbildete; er wandert als Fremdling darauf,
der ſich immer verliehrt, und nicht wieder zu
finden weiß. Der Sinn fuͤr dieſe Laufbahn iſt
verlohren, ſeine ſchoͤne Jdeale in nichts verwan-
delt, er klagt und ſeufzt uͤber ſein Mißgeſchick.
Die Menſchen ſcheinen ihm ungluͤcklich — Zu
ſeiner Ehre kann man es geſtehen, daß ſein
Syſtem ein Gluͤckſeligkeitsſyſtem ſeyn ſoll — er
wollte helfen und kannte nicht die Mittel, fand
auch wol, daß andere gar ſo ungluͤcklich nicht
ſeyn wollten wie er ſie glaubte, ihr Widerſtand
vermehrt ſeinen Mißmuth, er nennt ſie undank-
bar, waͤhnt ſich in ſeiner Klugheit verachtet;
das Laͤcheln anderer uͤber ſeine Thorheit ſcheint
ihm Ungrechtigkeit, er ſiehet ſich als Maͤrtyrer
der guten Sache an; die Welt wird ihm zu en-
ge, er findet ſie nicht gut genug, und Unzufrie-
denheit mit ſich ſelbſt und mit dem Urheber des
Univerſums verſcheucht alle Heiterkeit und raubt
ihm den wahren Lebensgenuß. Es gehet ihm,
wie manchem Reiſenden der nirgend etwas gutes
findet, als allein in ſeinem Vaterlande. —
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