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Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794.

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alle Menschen haben einen Freund, eine Freun-
din, die auch die Phantasien des Freundes
mit Nachsicht aufnehmen, wenn sie nur das Ge-
präge der Aufrichtigkeit tragen.

Daß ich Sie als eine solche Freundin schätze,
darf ich hier nicht erst versichern. Jhr edles
Herz spricht Wahrheit und Aufrichtigkeit. Für
die Reinheit Jhrer Handlungen bürgt die Ein-
förmigkeit, die Selbstständigkeit derselben, die
meine Bewunderung erregte und mich unwie-
derstehlich anzog. Nur Einklang der Handlun-
gen macht eine große Seele. Dieser Einklang,
der sich durch alle Mißlaute nicht verliehrt, nicht
unharmonisch wird, ist der edle Charakter, der
Abdruck Jhres Herzens, das ich verehre. Jch
darf mich zwar nicht unterfangen Jhre Charakteri-
stik zu entwerfen, oder Jhre Tugenden aufzuzäh-
len, die sich alle in jenem Einklange konzentri-
ren, aber das kann ich doch nicht verschweigen,
daß ich wenige Frauenzimmer kenne, die sich
ein vollkommeneres Recht auf meine Verehrung
und Hochachtung erworben haben, als Sie. --



alle Menſchen haben einen Freund, eine Freun-
din, die auch die Phantaſien des Freundes
mit Nachſicht aufnehmen, wenn ſie nur das Ge-
praͤge der Aufrichtigkeit tragen.

Daß ich Sie als eine ſolche Freundin ſchaͤtze,
darf ich hier nicht erſt verſichern. Jhr edles
Herz ſpricht Wahrheit und Aufrichtigkeit. Fuͤr
die Reinheit Jhrer Handlungen buͤrgt die Ein-
foͤrmigkeit, die Selbſtſtaͤndigkeit derſelben, die
meine Bewunderung erregte und mich unwie-
derſtehlich anzog. Nur Einklang der Handlun-
gen macht eine große Seele. Dieſer Einklang,
der ſich durch alle Mißlaute nicht verliehrt, nicht
unharmoniſch wird, iſt der edle Charakter, der
Abdruck Jhres Herzens, das ich verehre. Jch
darf mich zwar nicht unterfangen Jhre Charakteri-
ſtik zu entwerfen, oder Jhre Tugenden aufzuzaͤh-
len, die ſich alle in jenem Einklange konzentri-
ren, aber das kann ich doch nicht verſchweigen,
daß ich wenige Frauenzimmer kenne, die ſich
ein vollkommeneres Recht auf meine Verehrung
und Hochachtung erworben haben, als Sie. —



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[10/0010] alle Menſchen haben einen Freund, eine Freun- din, die auch die Phantaſien des Freundes mit Nachſicht aufnehmen, wenn ſie nur das Ge- praͤge der Aufrichtigkeit tragen. Daß ich Sie als eine ſolche Freundin ſchaͤtze, darf ich hier nicht erſt verſichern. Jhr edles Herz ſpricht Wahrheit und Aufrichtigkeit. Fuͤr die Reinheit Jhrer Handlungen buͤrgt die Ein- foͤrmigkeit, die Selbſtſtaͤndigkeit derſelben, die meine Bewunderung erregte und mich unwie- derſtehlich anzog. Nur Einklang der Handlun- gen macht eine große Seele. Dieſer Einklang, der ſich durch alle Mißlaute nicht verliehrt, nicht unharmoniſch wird, iſt der edle Charakter, der Abdruck Jhres Herzens, das ich verehre. Jch darf mich zwar nicht unterfangen Jhre Charakteri- ſtik zu entwerfen, oder Jhre Tugenden aufzuzaͤh- len, die ſich alle in jenem Einklange konzentri- ren, aber das kann ich doch nicht verſchweigen, daß ich wenige Frauenzimmer kenne, die ſich ein vollkommeneres Recht auf meine Verehrung und Hochachtung erworben haben, als Sie. —

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Zitationshilfe: Johann Gottfried, Hoche: Vertraute Briefe über die jetzige abentheuerliche Lesesucht. Hannover, 1794, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoche_lesesucht_1794/10>, abgerufen am 25.04.2024.