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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785.

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einzelner Theile eines Landsitzes.
könnte, wenn sie ein wenig übertrieben ist. Man findet sich nicht beleidiget, wenn
man Sorgfalt, und vielleicht auch Schmuck, an Gegenstände verschwenden sieht,
denen die Natur selbst eine besondere Vollkommenheit mitgetheilet hat, und die uns
an das Zeitalter und an den glücklichen Zustand erinnern, dessen reizende Schilde-
rungen in den Werken der Dichter uns noch immer gefallen. Mit einem Vergnü-
gen, das von den Ideen des Hirtenlebens erzeugt wird, nimmt man selbst an die-
sem Orte gern ein ländliches Mahl ein, bey welchem Milch und einige Früchte die
vorzüglichsten Speisen sind.

Wenn meine Meyerey alles in sich vereinigen darf, was nutzbar ist, und zu-
gleich gefällt; so wird in einiger Entfernung von dem Orte, wo man die Milch zu-
bereitet, sich die Fabrik des Honigs befinden. Auf einem Platze, der mit einer
blühenden Hecke umzäunt ist, stehen die Bienenkörbe auf Amphitheatern gegen Mit-
tag, wohl verwahret auf der Seite der Mitternacht. Der ganze Platz enthält
Pflanzen und Blumen, die die Bienen lieben. Thymian, Lavendel, Majoran,
Weiden, Linden, Pappeln sind daselbst in Menge, und durchwürzen schon von fern-
her die Luft, die man einathmet. Hier ist der Luxus in Wohlgerüchen und Blumen
eben so erlaubt, als an dem Orte, den wir eben verlassen haben, der Luxus in Rein-
lichkeit. So müssen die Wollüste, wenn sie die Vernunft nicht beleidigen sollen, in
der Natur eine Unterstützung, oder einen Vorwand finden. Um das Bienenhaus
her sind fruchttragende und wohlriechende Gebüsche gepflanzet, die dazu dienen, die
jungen Schwärme aufzuhalten, wenn sie, aus ihren Körben entflohen, oder ver-
scheucht, sich neue Besitzungen suchen.

Ein kleines, weder schnelles, noch tiefes, Gewässer befriedigt ihre Bedürf-
nisse, und verursacht durch leise Abfälle ein sich immer gleiches ununterbrochenes Ge-
räusch, das sie an ihre Wohnungen fesselt. Alle benachbarte Plätze sind voll von
Kräutern, die dem Honige gesunde Eigenschaften und einen feinen Geschmack geben
können. Die Wiesen, in deren Mitte das Bienenhaus siehet, theilen ihnen über-
flüssige Nahrung mit. Das ist noch nicht alles. Ein kleines Gebäude enthält den
Vorrath von Bienenkörben, die man im Winter verfertigt; das Laboratorium,
wo, vermittelst einiger Gefäße und Oefen, der Honig vom Wachse gesondert wird;
und endlich den frischen Ort, wo man denselben zu dem mannichfaltigen Gebrauche,
wozu er bestimmt ist, aufbewahret.

In einem andern Theile dieser Gebüsche erheben sich einige andere Gebäude
von weiterm Umfange. Sie sind für die Seidenwürmer, und für alles, was auf

sie
S 2

einzelner Theile eines Landſitzes.
koͤnnte, wenn ſie ein wenig uͤbertrieben iſt. Man findet ſich nicht beleidiget, wenn
man Sorgfalt, und vielleicht auch Schmuck, an Gegenſtaͤnde verſchwenden ſieht,
denen die Natur ſelbſt eine beſondere Vollkommenheit mitgetheilet hat, und die uns
an das Zeitalter und an den gluͤcklichen Zuſtand erinnern, deſſen reizende Schilde-
rungen in den Werken der Dichter uns noch immer gefallen. Mit einem Vergnuͤ-
gen, das von den Ideen des Hirtenlebens erzeugt wird, nimmt man ſelbſt an die-
ſem Orte gern ein laͤndliches Mahl ein, bey welchem Milch und einige Fruͤchte die
vorzuͤglichſten Speiſen ſind.

Wenn meine Meyerey alles in ſich vereinigen darf, was nutzbar iſt, und zu-
gleich gefaͤllt; ſo wird in einiger Entfernung von dem Orte, wo man die Milch zu-
bereitet, ſich die Fabrik des Honigs befinden. Auf einem Platze, der mit einer
bluͤhenden Hecke umzaͤunt iſt, ſtehen die Bienenkoͤrbe auf Amphitheatern gegen Mit-
tag, wohl verwahret auf der Seite der Mitternacht. Der ganze Platz enthaͤlt
Pflanzen und Blumen, die die Bienen lieben. Thymian, Lavendel, Majoran,
Weiden, Linden, Pappeln ſind daſelbſt in Menge, und durchwuͤrzen ſchon von fern-
her die Luft, die man einathmet. Hier iſt der Luxus in Wohlgeruͤchen und Blumen
eben ſo erlaubt, als an dem Orte, den wir eben verlaſſen haben, der Luxus in Rein-
lichkeit. So muͤſſen die Wolluͤſte, wenn ſie die Vernunft nicht beleidigen ſollen, in
der Natur eine Unterſtuͤtzung, oder einen Vorwand finden. Um das Bienenhaus
her ſind fruchttragende und wohlriechende Gebuͤſche gepflanzet, die dazu dienen, die
jungen Schwaͤrme aufzuhalten, wenn ſie, aus ihren Koͤrben entflohen, oder ver-
ſcheucht, ſich neue Beſitzungen ſuchen.

Ein kleines, weder ſchnelles, noch tiefes, Gewaͤſſer befriedigt ihre Beduͤrf-
niſſe, und verurſacht durch leiſe Abfaͤlle ein ſich immer gleiches ununterbrochenes Ge-
raͤuſch, das ſie an ihre Wohnungen feſſelt. Alle benachbarte Plaͤtze ſind voll von
Kraͤutern, die dem Honige geſunde Eigenſchaften und einen feinen Geſchmack geben
koͤnnen. Die Wieſen, in deren Mitte das Bienenhaus ſiehet, theilen ihnen uͤber-
fluͤſſige Nahrung mit. Das iſt noch nicht alles. Ein kleines Gebaͤude enthaͤlt den
Vorrath von Bienenkoͤrben, die man im Winter verfertigt; das Laboratorium,
wo, vermittelſt einiger Gefaͤße und Oefen, der Honig vom Wachſe geſondert wird;
und endlich den friſchen Ort, wo man denſelben zu dem mannichfaltigen Gebrauche,
wozu er beſtimmt iſt, aufbewahret.

In einem andern Theile dieſer Gebuͤſche erheben ſich einige andere Gebaͤude
von weiterm Umfange. Sie ſind fuͤr die Seidenwuͤrmer, und fuͤr alles, was auf

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[139/0147] einzelner Theile eines Landſitzes. koͤnnte, wenn ſie ein wenig uͤbertrieben iſt. Man findet ſich nicht beleidiget, wenn man Sorgfalt, und vielleicht auch Schmuck, an Gegenſtaͤnde verſchwenden ſieht, denen die Natur ſelbſt eine beſondere Vollkommenheit mitgetheilet hat, und die uns an das Zeitalter und an den gluͤcklichen Zuſtand erinnern, deſſen reizende Schilde- rungen in den Werken der Dichter uns noch immer gefallen. Mit einem Vergnuͤ- gen, das von den Ideen des Hirtenlebens erzeugt wird, nimmt man ſelbſt an die- ſem Orte gern ein laͤndliches Mahl ein, bey welchem Milch und einige Fruͤchte die vorzuͤglichſten Speiſen ſind. Wenn meine Meyerey alles in ſich vereinigen darf, was nutzbar iſt, und zu- gleich gefaͤllt; ſo wird in einiger Entfernung von dem Orte, wo man die Milch zu- bereitet, ſich die Fabrik des Honigs befinden. Auf einem Platze, der mit einer bluͤhenden Hecke umzaͤunt iſt, ſtehen die Bienenkoͤrbe auf Amphitheatern gegen Mit- tag, wohl verwahret auf der Seite der Mitternacht. Der ganze Platz enthaͤlt Pflanzen und Blumen, die die Bienen lieben. Thymian, Lavendel, Majoran, Weiden, Linden, Pappeln ſind daſelbſt in Menge, und durchwuͤrzen ſchon von fern- her die Luft, die man einathmet. Hier iſt der Luxus in Wohlgeruͤchen und Blumen eben ſo erlaubt, als an dem Orte, den wir eben verlaſſen haben, der Luxus in Rein- lichkeit. So muͤſſen die Wolluͤſte, wenn ſie die Vernunft nicht beleidigen ſollen, in der Natur eine Unterſtuͤtzung, oder einen Vorwand finden. Um das Bienenhaus her ſind fruchttragende und wohlriechende Gebuͤſche gepflanzet, die dazu dienen, die jungen Schwaͤrme aufzuhalten, wenn ſie, aus ihren Koͤrben entflohen, oder ver- ſcheucht, ſich neue Beſitzungen ſuchen. Ein kleines, weder ſchnelles, noch tiefes, Gewaͤſſer befriedigt ihre Beduͤrf- niſſe, und verurſacht durch leiſe Abfaͤlle ein ſich immer gleiches ununterbrochenes Ge- raͤuſch, das ſie an ihre Wohnungen feſſelt. Alle benachbarte Plaͤtze ſind voll von Kraͤutern, die dem Honige geſunde Eigenſchaften und einen feinen Geſchmack geben koͤnnen. Die Wieſen, in deren Mitte das Bienenhaus ſiehet, theilen ihnen uͤber- fluͤſſige Nahrung mit. Das iſt noch nicht alles. Ein kleines Gebaͤude enthaͤlt den Vorrath von Bienenkoͤrben, die man im Winter verfertigt; das Laboratorium, wo, vermittelſt einiger Gefaͤße und Oefen, der Honig vom Wachſe geſondert wird; und endlich den friſchen Ort, wo man denſelben zu dem mannichfaltigen Gebrauche, wozu er beſtimmt iſt, aufbewahret. In einem andern Theile dieſer Gebuͤſche erheben ſich einige andere Gebaͤude von weiterm Umfange. Sie ſind fuͤr die Seidenwuͤrmer, und fuͤr alles, was auf ſie S 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 5. Leipzig, 1785, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst5_1785/147>, abgerufen am 28.04.2024.