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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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dem Curator die Frage, und ob in dessen As-
sistenz dem Kaiser nicht gegeben ward, was
des Kaisers ist -- und doch ist ein Weib dem
Staate nur durch den Mann verwandt und zu-
gethan: Nur er huldigte ihm und seinen Ge-
setzen. Ist es Wunder, wenn Weiber die
Gesetze befolgen, wie die Nonne den Psalter
singt? wenn sie den ernsthaften Anordnungen
des Staates eine Folie des Lächerlichen unter-
legen, und sich da noch Auslegungen dersel-
ben erlauben, wo blinder Gehorsam erfordert
wird? War je eine ärgere Löwengesellschaft?
und trift es irgendwo klärer ein, dass man
grössere Diebe laufen lässt, und kleinere zu
hängen sich nicht entbricht? Staaten, die
zum Schutze der Menschenrechte entstanden,
entziehen ihn der Hälfte ihrer bürgerfähigen
Einwohner! -- Es ist natürlich, wenn der
Wille sich da sträubt, wo die Vernunft so
viele Steine des Anstosses und Felsen des Är-
gernisses findet -- -- Leiden einzelner Men-
schen (besonders wenn diese nicht die ver-
dammlichen Urheber davon sind) vollenden,
und nichts was gross war, kam ohne sie je

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dem Curator die Frage, und ob in dessen As-
sistenz dem Kaiser nicht gegeben ward, was
des Kaisers ist — und doch ist ein Weib dem
Staate nur durch den Mann verwandt und zu-
gethan: Nur er huldigte ihm und seinen Ge-
setzen. Ist es Wunder, wenn Weiber die
Gesetze befolgen, wie die Nonne den Psalter
singt? wenn sie den ernsthaften Anordnungen
des Staates eine Folie des Lächerlichen unter-
legen, und sich da noch Auslegungen dersel-
ben erlauben, wo blinder Gehorsam erfordert
wird? War je eine ärgere Löwengesellschaft?
und trift es irgendwo klärer ein, daſs man
gröſsere Diebe laufen läſst, und kleinere zu
hängen sich nicht entbricht? Staaten, die
zum Schutze der Menschenrechte entstanden,
entziehen ihn der Hälfte ihrer bürgerfähigen
Einwohner! — Es ist natürlich, wenn der
Wille sich da sträubt, wo die Vernunft so
viele Steine des Anstoſses und Felsen des Är-
gernisses findet — — Leiden einzelner Men-
schen (besonders wenn diese nicht die ver-
dammlichen Urheber davon sind) vollenden,
und nichts was groſs war, kam ohne sie je

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[71/0079] dem Curator die Frage, und ob in dessen As- sistenz dem Kaiser nicht gegeben ward, was des Kaisers ist — und doch ist ein Weib dem Staate nur durch den Mann verwandt und zu- gethan: Nur er huldigte ihm und seinen Ge- setzen. Ist es Wunder, wenn Weiber die Gesetze befolgen, wie die Nonne den Psalter singt? wenn sie den ernsthaften Anordnungen des Staates eine Folie des Lächerlichen unter- legen, und sich da noch Auslegungen dersel- ben erlauben, wo blinder Gehorsam erfordert wird? War je eine ärgere Löwengesellschaft? und trift es irgendwo klärer ein, daſs man gröſsere Diebe laufen läſst, und kleinere zu hängen sich nicht entbricht? Staaten, die zum Schutze der Menschenrechte entstanden, entziehen ihn der Hälfte ihrer bürgerfähigen Einwohner! — Es ist natürlich, wenn der Wille sich da sträubt, wo die Vernunft so viele Steine des Anstoſses und Felsen des Är- gernisses findet — — Leiden einzelner Men- schen (besonders wenn diese nicht die ver- dammlichen Urheber davon sind) vollenden, und nichts was groſs war, kam ohne sie je E 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/79>, abgerufen am 27.04.2024.