aber der Codex, der doch sein eigener Beweis nicht seyn und sein eigenes Kriterium nicht aus sich selbst nehmen kann, eine Process- Ordnung für die allgemeine Vernunft -- Wie lange will man unserer Seits der Vernunft widerstehen! Die Menschen schieben gern Alles auf Andere; und wenn sie keinen finden, der seinen Rücken zu dieser Belastung dar- bietet, so muss die Natur sich diese Denun- ciation gefallen lassen -- und so fehlt es auch unserem theuren werthen Geschlechte nicht an Behelfen, die auf die Rechnung der schö- nen Welt gesetzt werden -- Eine Schande für uns, dass wir nicht nur ungerecht sind, sondern auch die Schuld dieser Ungerechtig- keit von uns entfernen, und sie dem anderen Geschlechte zuschieben! Das Weib, das du mir zugesellet hast, sagte schon der alte Adam, hat mich verführt; -- und wir sind bis jetzt noch so treue Adamiten, dass wir nicht er- mangeln, uns von der Schuld des subalternen Ranges, den wir dem anderen Geschlechte zueignen, in bester Form Rechtens loszusagen. Die armen Weiber, die, wenn sie sich mit
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aber der Codex, der doch sein eigener Beweis nicht seyn und sein eigenes Kriterium nicht aus sich selbst nehmen kann, eine Proceſs- Ordnung für die allgemeine Vernunft — Wie lange will man unserer Seits der Vernunft widerstehen! Die Menschen schieben gern Alles auf Andere; und wenn sie keinen finden, der seinen Rücken zu dieser Belastung dar- bietet, so muſs die Natur sich diese Denun- ciation gefallen lassen — und so fehlt es auch unserem theuren werthen Geschlechte nicht an Behelfen, die auf die Rechnung der schö- nen Welt gesetzt werden — Eine Schande für uns, daſs wir nicht nur ungerecht sind, sondern auch die Schuld dieser Ungerechtig- keit von uns entfernen, und sie dem anderen Geschlechte zuschieben! Das Weib, das du mir zugesellet hast, sagte schon der alte Adam, hat mich verführt; — und wir sind bis jetzt noch so treue Adamiten, daſs wir nicht er- mangeln, uns von der Schuld des subalternen Ranges, den wir dem anderen Geschlechte zueignen, in bester Form Rechtens loszusagen. Die armen Weiber, die, wenn sie sich mit
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[401/0409]
aber der Codex, der doch sein eigener Beweis
nicht seyn und sein eigenes Kriterium nicht
aus sich selbst nehmen kann, eine Proceſs-
Ordnung für die allgemeine Vernunft — Wie
lange will man unserer Seits der Vernunft
widerstehen! Die Menschen schieben gern
Alles auf Andere; und wenn sie keinen finden,
der seinen Rücken zu dieser Belastung dar-
bietet, so muſs die Natur sich diese Denun-
ciation gefallen lassen — und so fehlt es auch
unserem theuren werthen Geschlechte nicht
an Behelfen, die auf die Rechnung der schö-
nen Welt gesetzt werden — Eine Schande
für uns, daſs wir nicht nur ungerecht sind,
sondern auch die Schuld dieser Ungerechtig-
keit von uns entfernen, und sie dem anderen
Geschlechte zuschieben! Das Weib, das du
mir zugesellet hast, sagte schon der alte Adam,
hat mich verführt; — und wir sind bis jetzt
noch so treue Adamiten, daſs wir nicht er-
mangeln, uns von der Schuld des subalternen
Ranges, den wir dem anderen Geschlechte
zueignen, in bester Form Rechtens loszusagen.
Die armen Weiber, die, wenn sie sich mit
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/409>, abgerufen am 24.11.2024.
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