Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Wer ist aber im Stande, den Weibern Über-
legung hierzu, kalte Schätzung des Gegenstan-
des, Feinheit, zuvorkommendes Wohlwollen
und Aufopferung abzusprechen --? Schon
jetzt giebt es Freundschaften unter ihnen, die
den unsrigen nicht weichen -- Nur das Vor-
urtheil der Männer hat ihnen die Anlagen zur
Freundschaft abgesprochen. Sind sie nicht
zarter, treuer, unüberwindlicher, unbestech-
barer, als viele Männer, wo Neid und Riva-
lität von so vieler Art die Triebe des Herzens
verfälschen, und die Freundschaft zum Con-
trakt do ut des, facio ut facias, nicht zum
Herzens-, sondern zum Sachentausche machen?
-- Damon- und Pythias-Freundschaften sind
Fälle, die zu den seltenen gehören, und die
bei dem Einerlei der Weiber, bei ihrem All-
tagsleben um so weniger zu erwarten stehen,
da Proben und Situationen zu dergleichen
Freundschaften durchaus unentbehrlich nöthig
sind -- Und wie verschieden sind jene Da-
mon
- und Pythias-Freundschaften vom Dienst-
gleichgewichte, das durch ein gewisses Ein-
verständniss bewirkt wird. Weiber müssen

Wer ist aber im Stande, den Weibern Über-
legung hierzu, kalte Schätzung des Gegenstan-
des, Feinheit, zuvorkommendes Wohlwollen
und Aufopferung abzusprechen —? Schon
jetzt giebt es Freundschaften unter ihnen, die
den unsrigen nicht weichen — Nur das Vor-
urtheil der Männer hat ihnen die Anlagen zur
Freundschaft abgesprochen. Sind sie nicht
zarter, treuer, unüberwindlicher, unbestech-
barer, als viele Männer, wo Neid und Riva-
lität von so vieler Art die Triebe des Herzens
verfälschen, und die Freundschaft zum Con-
trakt do ut des, facio ut facias, nicht zum
Herzens-, sondern zum Sachentausche machen?
Damon- und Pythias-Freundschaften sind
Fälle, die zu den seltenen gehören, und die
bei dem Einerlei der Weiber, bei ihrem All-
tagsleben um so weniger zu erwarten stehen,
da Proben und Situationen zu dergleichen
Freundschaften durchaus unentbehrlich nöthig
sind — Und wie verschieden sind jene Da-
mon
- und Pythias-Freundschaften vom Dienst-
gleichgewichte, das durch ein gewisses Ein-
verständniſs bewirkt wird. Weiber müssen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0380" n="372"/>
Wer ist aber im Stande, den Weibern Über-<lb/>
legung hierzu, kalte Schätzung des Gegenstan-<lb/>
des, Feinheit, zuvorkommendes Wohlwollen<lb/>
und Aufopferung abzusprechen &#x2014;? Schon<lb/>
jetzt giebt es Freundschaften unter ihnen, die<lb/>
den unsrigen nicht weichen &#x2014; Nur das Vor-<lb/>
urtheil der Männer hat ihnen die Anlagen zur<lb/>
Freundschaft abgesprochen. Sind sie nicht<lb/>
zarter, treuer, unüberwindlicher, unbestech-<lb/>
barer, als viele Männer, wo Neid und Riva-<lb/>
lität von so vieler Art die Triebe des Herzens<lb/>
verfälschen, und die Freundschaft zum Con-<lb/>
trakt <hi rendition="#i">do ut des, facio ut facias,</hi> nicht zum<lb/>
Herzens-, sondern zum Sachentausche machen?<lb/>
&#x2014; <hi rendition="#i">Damon</hi>- und <hi rendition="#i">Pythias</hi>-Freundschaften sind<lb/>
Fälle, die zu den seltenen gehören, und die<lb/>
bei dem Einerlei der Weiber, bei ihrem All-<lb/>
tagsleben um so weniger zu erwarten stehen,<lb/>
da Proben und Situationen zu dergleichen<lb/>
Freundschaften durchaus unentbehrlich nöthig<lb/>
sind &#x2014; Und wie verschieden sind jene <hi rendition="#i">Da-<lb/>
mon</hi>- und <hi rendition="#i">Pythias</hi>-Freundschaften vom Dienst-<lb/>
gleichgewichte, das durch ein gewisses Ein-<lb/>
verständni&#x017F;s bewirkt wird. Weiber müssen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0380] Wer ist aber im Stande, den Weibern Über- legung hierzu, kalte Schätzung des Gegenstan- des, Feinheit, zuvorkommendes Wohlwollen und Aufopferung abzusprechen —? Schon jetzt giebt es Freundschaften unter ihnen, die den unsrigen nicht weichen — Nur das Vor- urtheil der Männer hat ihnen die Anlagen zur Freundschaft abgesprochen. Sind sie nicht zarter, treuer, unüberwindlicher, unbestech- barer, als viele Männer, wo Neid und Riva- lität von so vieler Art die Triebe des Herzens verfälschen, und die Freundschaft zum Con- trakt do ut des, facio ut facias, nicht zum Herzens-, sondern zum Sachentausche machen? — Damon- und Pythias-Freundschaften sind Fälle, die zu den seltenen gehören, und die bei dem Einerlei der Weiber, bei ihrem All- tagsleben um so weniger zu erwarten stehen, da Proben und Situationen zu dergleichen Freundschaften durchaus unentbehrlich nöthig sind — Und wie verschieden sind jene Da- mon- und Pythias-Freundschaften vom Dienst- gleichgewichte, das durch ein gewisses Ein- verständniſs bewirkt wird. Weiber müssen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/380
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/380>, abgerufen am 12.05.2024.