Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel
Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin
in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies --
Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs
Vaterland! Ich muss abbrechen; sonst würde
ich zu sehr verrathen, dass ich in Hinsicht
des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun-
dinnen, mit denen mich die Natur so nahe
verband, starben diesen Muttertod -- "Es
kommt auf die Kleider an, die man dem Tode
anzieht," sagte *** -- Du hattest recht, Lie-
be -- Dein Tod war leicht, froh, muthig
angezogen -- -- -- So sterben Weiber; und
wie leben sie? Männer thun, was sie thun,
mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen:
von Umständen hangen sie ab, und lassen sich
von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder
verloren vom Winde, hin und her treiben --
Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfniss han-
deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa-
mer als die Weiber; -- es scheint nur an-
ders. Immer verbinden sie sich mit andern
Männern, und nennen oft (o der Entheiligung
des Namens!) Freundschaft, was Furchtsam-

in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel
Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin
in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies —
Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs
Vaterland! Ich muſs abbrechen; sonst würde
ich zu sehr verrathen, daſs ich in Hinsicht
des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun-
dinnen, mit denen mich die Natur so nahe
verband, starben diesen Muttertod — »Es
kommt auf die Kleider an, die man dem Tode
anzieht,» sagte *** — Du hattest recht, Lie-
be — Dein Tod war leicht, froh, muthig
angezogen — — — So sterben Weiber; und
wie leben sie? Männer thun, was sie thun,
mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen:
von Umständen hangen sie ab, und lassen sich
von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder
verloren vom Winde, hin und her treiben —
Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfniſs han-
deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa-
mer als die Weiber; — es scheint nur an-
ders. Immer verbinden sie sich mit andern
Männern, und nennen oft (o der Entheiligung
des Namens!) Freundschaft, was Furchtsam-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0302" n="294"/>
in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel<lb/>
Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin<lb/>
in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies &#x2014;<lb/>
Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs<lb/>
Vaterland! Ich mu&#x017F;s abbrechen; sonst würde<lb/>
ich zu sehr verrathen, da&#x017F;s ich in Hinsicht<lb/>
des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun-<lb/>
dinnen, mit denen mich die Natur so nahe<lb/>
verband, starben diesen Muttertod &#x2014; »Es<lb/>
kommt auf die Kleider an, die man dem Tode<lb/>
anzieht,» sagte *** &#x2014; Du hattest recht, Lie-<lb/>
be &#x2014; Dein Tod war leicht, froh, muthig<lb/>
angezogen &#x2014; &#x2014; &#x2014; So sterben Weiber; und<lb/>
wie <hi rendition="#i">leben</hi> sie? Männer thun, was sie thun,<lb/>
mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen:<lb/>
von Umständen hangen sie ab, und lassen sich<lb/>
von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder<lb/>
verloren vom Winde, hin und her treiben &#x2014;<lb/>
Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfni&#x017F;s han-<lb/>
deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa-<lb/>
mer als die Weiber; &#x2014; es scheint nur an-<lb/>
ders. Immer verbinden sie sich mit andern<lb/>
Männern, und nennen oft (o der Entheiligung<lb/>
des Namens!) <hi rendition="#i">Freundschaft,</hi> was <hi rendition="#i">Furchtsam-<lb/></hi></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0302] in der Schlacht hat bei weitem nicht so viel Lehrreiches, wie der Tod einer Wöchnerin in dem Feldzuge, den die Natur ihr anwies — Wie schön ist hier der Tod, der Tod fürs Vaterland! Ich muſs abbrechen; sonst würde ich zu sehr verrathen, daſs ich in Hinsicht des Todes nur ein Mann bin. Zwei Freun- dinnen, mit denen mich die Natur so nahe verband, starben diesen Muttertod — »Es kommt auf die Kleider an, die man dem Tode anzieht,» sagte *** — Du hattest recht, Lie- be — Dein Tod war leicht, froh, muthig angezogen — — — So sterben Weiber; und wie leben sie? Männer thun, was sie thun, mehr aus Temperament, als aus Grundsätzen: von Umständen hangen sie ab, und lassen sich von ihnen, wie Schiffe die Mast und Ruder verloren vom Winde, hin und her treiben — Aus Noth, aus Trägheit, aus Bedürfniſs han- deln sie. Sie sind im Grunde weit furchtsa- mer als die Weiber; — es scheint nur an- ders. Immer verbinden sie sich mit andern Männern, und nennen oft (o der Entheiligung des Namens!) Freundschaft, was Furchtsam-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/302
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/302>, abgerufen am 10.05.2024.