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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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gewinnt? -- Angelika Kaufmann, die Schöp-
ferin schöner Formen, und mehr ihres Glei-
chen waren und sind Mahlerinnen. Der Vor-
wurf, den man der Angelika macht, dass sie
männliche Gesichter zu weibisch mahle, ist
nicht ohne Grund; vielleicht nimmt sie hier-
durch an unserm Geschlecht eine heimliche
Rache. Man sagt: Weiber würden nie Mei-
sterinnen im Portraitiren. -- Dass ich nicht
wüsste; * ra * * trifft zum Sprechen -- zum
Hören --. Wär' es in der Regel der Fall, so
würd' ich es mir aus dem Umstande erklären,
dass sie immer Züge ans ihrer trefflichen
Seele hineinzeichnen, so wie Mahler der Ve-
nus
Züge von ihren Weibern und Töchtern
verehren. -- Mahlerinnen würden in dem
Grade die Seelen der Männer in ihren Por-
traiten verschönern oder verklären, wie Mah-
ler die Gesichter des andern Geschlechtes
schminken -- Ist es, weil die Männer von
der Natur entfremdeter sind, als die Weiber;
oder hat die Natur wirklich zu dem andern
Geschlechte mehr Vorliebe und Zutrauen;

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eine exemplarische Bescheidenheit noch ’mehr
gewinnt? — Angelika Kaufmann, die Schöp-
ferin schöner Formen, und mehr ihres Glei-
chen waren und sind Mahlerinnen. Der Vor-
wurf, den man der Angelika macht, daſs sie
männliche Gesichter zu weibisch mahle, ist
nicht ohne Grund; vielleicht nimmt sie hier-
durch an unserm Geschlecht eine heimliche
Rache. Man sagt: Weiber würden nie Mei-
sterinnen im Portraitiren. — Daſs ich nicht
wüſste; * ra * * trifft zum Sprechen — zum
Hören —. Wär’ es in der Regel der Fall, so
würd’ ich es mir aus dem Umstande erklären,
daſs sie immer Züge ans ihrer trefflichen
Seele hineinzeichnen, so wie Mahler der Ve-
nus
Züge von ihren Weibern und Töchtern
verehren. — Mahlerinnen würden in dem
Grade die Seelen der Männer in ihren Por-
traiten verschönern oder verklären, wie Mah-
ler die Gesichter des andern Geschlechtes
schminken — Ist es, weil die Männer von
der Natur entfremdeter sind, als die Weiber;
oder hat die Natur wirklich zu dem andern
Geschlechte mehr Vorliebe und Zutrauen;

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[265/0273] eine exemplarische Bescheidenheit noch ’mehr gewinnt? — Angelika Kaufmann, die Schöp- ferin schöner Formen, und mehr ihres Glei- chen waren und sind Mahlerinnen. Der Vor- wurf, den man der Angelika macht, daſs sie männliche Gesichter zu weibisch mahle, ist nicht ohne Grund; vielleicht nimmt sie hier- durch an unserm Geschlecht eine heimliche Rache. Man sagt: Weiber würden nie Mei- sterinnen im Portraitiren. — Daſs ich nicht wüſste; * ra * * trifft zum Sprechen — zum Hören —. Wär’ es in der Regel der Fall, so würd’ ich es mir aus dem Umstande erklären, daſs sie immer Züge ans ihrer trefflichen Seele hineinzeichnen, so wie Mahler der Ve- nus Züge von ihren Weibern und Töchtern verehren. — Mahlerinnen würden in dem Grade die Seelen der Männer in ihren Por- traiten verschönern oder verklären, wie Mah- ler die Gesichter des andern Geschlechtes schminken — Ist es, weil die Männer von der Natur entfremdeter sind, als die Weiber; oder hat die Natur wirklich zu dem andern Geschlechte mehr Vorliebe und Zutrauen; R 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/273>, abgerufen am 12.05.2024.