Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Dichtkunst in Lebensgrösse unsern sittlichen
Augen dar, und bringt ein unaussprechliches
Vergnügen zu Stande, das einzige, das wir
durch kein Opfer erringen dürfen -- und das
immer mit in den Kauf geht! -- Wie? die-
ser heilige Geist sollte nicht über das andere
Geschlecht ausgegossen seyn? diese Gaben hätt'
es nicht empfangen? O, ihr Kleingläubigen!
-- als ob der Pegasus bloss für Männer wäre!
Dies so überaus gute Thier, das sich so viel
gefallen lässt, sollte keinen Quersattel vertra-
gen? Sollte dieses Vorurtheil nicht zu über-
siebnen seyn? Allerdings. Wie herrlich sind
jene weiblichen Explosionen, die Lieder der
Liebe der Sappho, die selbst auch in Deutsch-
land mehr als neun Schwestern hatte, von de-
nen eine der vorzüglichsten (Karschin), nach-
dem ihr der Dichter Friedrich II vier Gul
den verehrt, und Friedrich Wilhelm II, der
kein Poet ist, ein Haus hatte bauen lassen,
unlängst zu ihrer älteren Schwester heimging.
-- Darf ich mehr als Elisen nennen, um ih-
rem Kopf
und ihrem Herzen den Rang beizu-
legen, der beiden gebührt -- und der durch

Dichtkunst in Lebensgröſse unsern sittlichen
Augen dar, und bringt ein unaussprechliches
Vergnügen zu Stande, das einzige, das wir
durch kein Opfer erringen dürfen — und das
immer mit in den Kauf geht! — Wie? die-
ser heilige Geist sollte nicht über das andere
Geschlecht ausgegossen seyn? diese Gaben hätt’
es nicht empfangen? O, ihr Kleingläubigen!
— als ob der Pegasus bloſs für Männer wäre!
Dies so überaus gute Thier, das sich so viel
gefallen läſst, sollte keinen Quersattel vertra-
gen? Sollte dieses Vorurtheil nicht zu über-
siebnen seyn? Allerdings. Wie herrlich sind
jene weiblichen Explosionen, die Lieder der
Liebe der Sappho, die selbst auch in Deutsch-
land mehr als neun Schwestern hatte, von de-
nen eine der vorzüglichsten (Karschin), nach-
dem ihr der Dichter Friedrich II vier Gul
den verehrt, und Friedrich Wilhelm II, der
kein Poët ist, ein Haus hatte bauen lassen,
unlängst zu ihrer älteren Schwester heimging.
— Darf ich mehr als Elisen nennen, um ih-
rem Kopf
und ihrem Herzen den Rang beizu-
legen, der beiden gebührt — und der durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0272" n="264"/>
Dichtkunst in Lebensgrö&#x017F;se unsern sittlichen<lb/>
Augen dar, und bringt ein unaussprechliches<lb/>
Vergnügen zu Stande, das einzige, das wir<lb/>
durch kein Opfer erringen dürfen &#x2014; und das<lb/>
immer mit in den Kauf geht! &#x2014; Wie? die-<lb/>
ser heilige Geist sollte nicht über das andere<lb/>
Geschlecht ausgegossen seyn? diese Gaben hätt&#x2019;<lb/>
es nicht empfangen? O, ihr Kleingläubigen!<lb/>
&#x2014; als ob der Pegasus blo&#x017F;s für Männer wäre!<lb/>
Dies so überaus gute Thier, das sich so viel<lb/>
gefallen lä&#x017F;st, sollte keinen Quersattel vertra-<lb/>
gen? Sollte dieses Vorurtheil nicht zu über-<lb/>
siebnen seyn? Allerdings. Wie herrlich sind<lb/>
jene weiblichen Explosionen, die Lieder der<lb/>
Liebe der <hi rendition="#i">Sappho</hi>, die selbst auch in Deutsch-<lb/>
land mehr als neun Schwestern hatte, von de-<lb/>
nen eine der vorzüglichsten (<hi rendition="#i">Karschin</hi>), nach-<lb/>
dem ihr der Dichter <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Friedrich</hi></hi> II vier Gul<lb/>
den verehrt, und <hi rendition="#i">Friedrich Wilhelm II</hi>, der<lb/>
kein Poët ist, ein Haus hatte bauen lassen,<lb/>
unlängst zu ihrer älteren Schwester heimging.<lb/>
&#x2014; Darf ich mehr als <hi rendition="#i">Elisen</hi> nennen, um <hi rendition="#i">ih-<lb/>
rem Kopf</hi> und <hi rendition="#i">ihrem Herzen</hi> den Rang beizu-<lb/>
legen, der beiden gebührt &#x2014; und der durch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[264/0272] Dichtkunst in Lebensgröſse unsern sittlichen Augen dar, und bringt ein unaussprechliches Vergnügen zu Stande, das einzige, das wir durch kein Opfer erringen dürfen — und das immer mit in den Kauf geht! — Wie? die- ser heilige Geist sollte nicht über das andere Geschlecht ausgegossen seyn? diese Gaben hätt’ es nicht empfangen? O, ihr Kleingläubigen! — als ob der Pegasus bloſs für Männer wäre! Dies so überaus gute Thier, das sich so viel gefallen läſst, sollte keinen Quersattel vertra- gen? Sollte dieses Vorurtheil nicht zu über- siebnen seyn? Allerdings. Wie herrlich sind jene weiblichen Explosionen, die Lieder der Liebe der Sappho, die selbst auch in Deutsch- land mehr als neun Schwestern hatte, von de- nen eine der vorzüglichsten (Karschin), nach- dem ihr der Dichter Friedrich II vier Gul den verehrt, und Friedrich Wilhelm II, der kein Poët ist, ein Haus hatte bauen lassen, unlängst zu ihrer älteren Schwester heimging. — Darf ich mehr als Elisen nennen, um ih- rem Kopf und ihrem Herzen den Rang beizu- legen, der beiden gebührt — und der durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/272
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/272>, abgerufen am 24.11.2024.