Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

religion zu berechnen, bloss auf Vergnügen
auszugehen, wo sich doch die Vernunft ihren
Aufsehersitz und ihre Stimme nicht nehmen
lässt. Hier ist Stoff zum neuen Himmel und
zur neuen Erde. Und sag' ich zu viel, wenn
ich behaupte, dass dem andern Geschlechte
hier noch ein Richtsteig vorbehalten ist und
Palmen, die nicht etwa im dritten Himmel zu
brechen sind, wo man zu unaussprechlichen
Worten entzückt ist -- sondern nicht fern
von einem Jeglichen unter uns. -- Genug,
wenn seine Dichtkunst das Herz nicht verfehlt,
wenn sie von Herzen kommt und wieder zu
Herzen geht. -- Was soll ein wildes Feuer?
Ein heiliges ist sein Ziel. Nie wird es sich
erlauben mehr anzulegen, und wär' es Cedern-
holz, als nöthig ist, und um die Wette wird
seine Dichtkunst mit der Cultur, Leidenschaf-
ten zu lenken und zu zähmen sich bemühen
-- der edelste Beruf der Vernunft und der
Dichtkunst! Grundsätze, welche die Vernunft
im Allgemeinen lehrt, macht Dichtkunst durch
treffende Beispiele anschaulich. Wovon die
Vernunft innerlich überzeugt ist, das stellt die

R 4

religion zu berechnen, bloſs auf Vergnügen
auszugehen, wo sich doch die Vernunft ihren
Aufsehersitz und ihre Stimme nicht nehmen
läſst. Hier ist Stoff zum neuen Himmel und
zur neuen Erde. Und sag’ ich zu viel, wenn
ich behaupte, daſs dem andern Geschlechte
hier noch ein Richtsteig vorbehalten ist und
Palmen, die nicht etwa im dritten Himmel zu
brechen sind, wo man zu unaussprechlichen
Worten entzückt ist — sondern nicht fern
von einem Jeglichen unter uns. — Genug,
wenn seine Dichtkunst das Herz nicht verfehlt,
wenn sie von Herzen kommt und wieder zu
Herzen geht. — Was soll ein wildes Feuer?
Ein heiliges ist sein Ziel. Nie wird es sich
erlauben mehr anzulegen, und wär’ es Cedern-
holz, als nöthig ist, und um die Wette wird
seine Dichtkunst mit der Cultur, Leidenschaf-
ten zu lenken und zu zähmen sich bemühen
— der edelste Beruf der Vernunft und der
Dichtkunst! Grundsätze, welche die Vernunft
im Allgemeinen lehrt, macht Dichtkunst durch
treffende Beispiele anschaulich. Wovon die
Vernunft innerlich überzeugt ist, das stellt die

R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0271" n="263"/>
religion zu berechnen, blo&#x017F;s auf Vergnügen<lb/>
auszugehen, wo sich doch die Vernunft ihren<lb/>
Aufsehersitz und ihre Stimme nicht nehmen<lb/>&#x017F;st. Hier ist Stoff zum <hi rendition="#i">neuen Himmel</hi> und<lb/>
zur <hi rendition="#i">neuen Erde</hi>. Und sag&#x2019; ich zu viel, wenn<lb/>
ich behaupte, da&#x017F;s dem andern Geschlechte<lb/>
hier noch ein Richtsteig vorbehalten ist und<lb/>
Palmen, die nicht etwa im dritten Himmel zu<lb/>
brechen sind, wo man zu unaussprechlichen<lb/>
Worten entzückt ist &#x2014; sondern nicht fern<lb/>
von einem Jeglichen unter uns. &#x2014; Genug,<lb/>
wenn seine Dichtkunst das Herz nicht verfehlt,<lb/>
wenn sie von Herzen kommt und wieder zu<lb/>
Herzen geht. &#x2014; Was soll ein wildes Feuer?<lb/>
Ein heiliges ist sein Ziel. Nie wird es sich<lb/>
erlauben mehr anzulegen, und wär&#x2019; es Cedern-<lb/>
holz, als nöthig ist, und um die Wette wird<lb/>
seine Dichtkunst mit der Cultur, Leidenschaf-<lb/>
ten zu lenken und zu zähmen sich bemühen<lb/>
&#x2014; der edelste Beruf der Vernunft und der<lb/>
Dichtkunst! Grundsätze, welche die Vernunft<lb/>
im Allgemeinen lehrt, macht Dichtkunst durch<lb/>
treffende Beispiele anschaulich. Wovon die<lb/>
Vernunft innerlich überzeugt ist, das stellt die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0271] religion zu berechnen, bloſs auf Vergnügen auszugehen, wo sich doch die Vernunft ihren Aufsehersitz und ihre Stimme nicht nehmen läſst. Hier ist Stoff zum neuen Himmel und zur neuen Erde. Und sag’ ich zu viel, wenn ich behaupte, daſs dem andern Geschlechte hier noch ein Richtsteig vorbehalten ist und Palmen, die nicht etwa im dritten Himmel zu brechen sind, wo man zu unaussprechlichen Worten entzückt ist — sondern nicht fern von einem Jeglichen unter uns. — Genug, wenn seine Dichtkunst das Herz nicht verfehlt, wenn sie von Herzen kommt und wieder zu Herzen geht. — Was soll ein wildes Feuer? Ein heiliges ist sein Ziel. Nie wird es sich erlauben mehr anzulegen, und wär’ es Cedern- holz, als nöthig ist, und um die Wette wird seine Dichtkunst mit der Cultur, Leidenschaf- ten zu lenken und zu zähmen sich bemühen — der edelste Beruf der Vernunft und der Dichtkunst! Grundsätze, welche die Vernunft im Allgemeinen lehrt, macht Dichtkunst durch treffende Beispiele anschaulich. Wovon die Vernunft innerlich überzeugt ist, das stellt die R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/271
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/271>, abgerufen am 24.11.2024.