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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Ehre nicht würdigte, zum Volke zu gehören,
und dass eben aus dieser Herabsetzung ihm
der Vorzug erwuchs, mit Bestande Rechtens
in den Rechten unerfahren zu seyn und sich
mit dieser Gesetzunwissenheit, wie mit einem
Orden, zu schmücken! -- Nicht nur un-
schädlich, sondern rühmlich, war ihm diese
Wohlthat der ewigen Kindheit, vermöge de-
ren es im Reiche des Saturnus in einem im-
merwährenden Frühling lebte, schwebte und
war -- Es verschenkte alies das Seinige, um
von Almosen zu leben; es vertauschte Gold
gegen Flittern, Schaumünzen gegen blanke
Rechenpfennige. Doch alles ist kein Ver-
gleich gegen den Tausch des Rechtes gegen
Güte -- der männlichen Worte: ich fordere,
gegen die weiblichen: ich bitte. Wie konnte
man aber auch einer, in der gesetzlichen
Herrschaft des Eheherrn befindlichen Gattin,
einer der Gewalt eines Andern untergeordne-
ten Sklavin, mehr als Gnade und Wohlthaten
erweisen? Nicht sie, sondern ihr Mann hatte
Kinder -- Auf ihre Familie hatte sie Ver-
zicht gethan, um zu ihres Herrn Familie ein-

Ehre nicht würdigte, zum Volke zu gehören,
und daſs eben aus dieser Herabsetzung ihm
der Vorzug erwuchs, mit Bestande Rechtens
in den Rechten unerfahren zu seyn und sich
mit dieser Gesetzunwissenheit, wie mit einem
Orden, zu schmücken! — Nicht nur un-
schädlich, sondern rühmlich, war ihm diese
Wohlthat der ewigen Kindheit, vermöge de-
ren es im Reiche des Saturnus in einem im-
merwährenden Frühling lebte, schwebte und
war — Es verschenkte alies das Seinige, um
von Almosen zu leben; es vertauschte Gold
gegen Flittern, Schaumünzen gegen blanke
Rechenpfennige. Doch alles ist kein Ver-
gleich gegen den Tausch des Rechtes gegen
Güte — der männlichen Worte: ich fordere,
gegen die weiblichen: ich bitte. Wie konnte
man aber auch einer, in der gesetzlichen
Herrschaft des Eheherrn befindlichen Gattin,
einer der Gewalt eines Andern untergeordne-
ten Sklavin, mehr als Gnade und Wohlthaten
erweisen? Nicht sie, sondern ihr Mann hatte
Kinder — Auf ihre Familie hatte sie Ver-
zicht gethan, um zu ihres Herrn Familie ein-

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[159/0167] Ehre nicht würdigte, zum Volke zu gehören, und daſs eben aus dieser Herabsetzung ihm der Vorzug erwuchs, mit Bestande Rechtens in den Rechten unerfahren zu seyn und sich mit dieser Gesetzunwissenheit, wie mit einem Orden, zu schmücken! — Nicht nur un- schädlich, sondern rühmlich, war ihm diese Wohlthat der ewigen Kindheit, vermöge de- ren es im Reiche des Saturnus in einem im- merwährenden Frühling lebte, schwebte und war — Es verschenkte alies das Seinige, um von Almosen zu leben; es vertauschte Gold gegen Flittern, Schaumünzen gegen blanke Rechenpfennige. Doch alles ist kein Ver- gleich gegen den Tausch des Rechtes gegen Güte — der männlichen Worte: ich fordere, gegen die weiblichen: ich bitte. Wie konnte man aber auch einer, in der gesetzlichen Herrschaft des Eheherrn befindlichen Gattin, einer der Gewalt eines Andern untergeordne- ten Sklavin, mehr als Gnade und Wohlthaten erweisen? Nicht sie, sondern ihr Mann hatte Kinder — Auf ihre Familie hatte sie Ver- zicht gethan, um zu ihres Herrn Familie ein-

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/167>, abgerufen am 25.11.2024.