Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Zwecke durch ihr heiliges Gesetz verbindet,
sie auch den Schlüssel und das Recht zu den
Mitteln verliehen hat? Oder kann man ohne
Mittel zum Zwecke gelangen? Stehet es nicht
jedem frei, das zu thun, ohne was er seiner
Verbindlichkeit nicht nachkommen oder sie
nicht erfüllen könnte?

Sehr consequent in Rücksicht Römischer
Rechts-Grundsätze hat Divus Justinianus
(Nov.
CXXXIV. Cap. IX.) angeordnet, dass
kein Frauenzimmer gefänglich eingezogen wer-
den solle. Auch wegen der grössten Verbre-
chen will er sie nur mit dem Kloster bestra-
fen und sie bloss der Aufsicht anderer Weiber
anvertrauen -- Wir indess geben dieses Gesetz
aus männlicher Machtvollkommenheit auf, oh-
ne dem Geschlechte andere Römische Rechts-
wohlthaten zu erlassen. Wer sollte denken,
dass man mit Wohlthaten so sehr ins Gedrän-
ge kommen, so geplagt und belästigt werden
könnte! wer sollte denken, dass man dem mit
Wohlthaten so überhäuften Römischen Frauen-
zimmer ehemals nicht gestattete, den Volks-
versammlungen beizuwohnen! dass man es der

Zwecke durch ihr heiliges Gesetz verbindet,
sie auch den Schlüssel und das Recht zu den
Mitteln verliehen hat? Oder kann man ohne
Mittel zum Zwecke gelangen? Stehet es nicht
jedem frei, das zu thun, ohne was er seiner
Verbindlichkeit nicht nachkommen oder sie
nicht erfüllen könnte?

Sehr consequent in Rücksicht Römischer
Rechts-Grundsätze hat Divus Justinianus
(Nov.
CXXXIV. Cap. IX.) angeordnet, daſs
kein Frauenzimmer gefänglich eingezogen wer-
den solle. Auch wegen der gröſsten Verbre-
chen will er sie nur mit dem Kloster bestra-
fen und sie bloſs der Aufsicht anderer Weiber
anvertrauen — Wir indeſs geben dieses Gesetz
aus männlicher Machtvollkommenheit auf, oh-
ne dem Geschlechte andere Römische Rechts-
wohlthaten zu erlassen. Wer sollte denken,
daſs man mit Wohlthaten so sehr ins Gedrän-
ge kommen, so geplagt und belästigt werden
könnte! wer sollte denken, daſs man dem mit
Wohlthaten so überhäuften Römischen Frauen-
zimmer ehemals nicht gestattete, den Volks-
versammlungen beizuwohnen! daſs man es der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0166" n="158"/>
Zwecke durch ihr heiliges Gesetz verbindet,<lb/>
sie auch den Schlüssel und das Recht zu den<lb/>
Mitteln verliehen hat? Oder kann man ohne<lb/>
Mittel zum Zwecke gelangen? Stehet es nicht<lb/>
jedem frei, das zu thun, ohne was er seiner<lb/>
Verbindlichkeit nicht nachkommen oder sie<lb/>
nicht erfüllen könnte?</p><lb/>
          <p>Sehr consequent in Rücksicht Römischer<lb/>
Rechts-Grundsätze hat <hi rendition="#i">Divus Justinianus<lb/>
(Nov.</hi> CXXXIV. <hi rendition="#i">Cap.</hi> IX.) angeordnet, da&#x017F;s<lb/>
kein Frauenzimmer gefänglich eingezogen wer-<lb/>
den solle. Auch wegen der grö&#x017F;sten Verbre-<lb/>
chen will er sie nur mit dem Kloster bestra-<lb/>
fen und sie blo&#x017F;s der Aufsicht anderer Weiber<lb/>
anvertrauen &#x2014; Wir inde&#x017F;s geben dieses Gesetz<lb/>
aus männlicher Machtvollkommenheit auf, oh-<lb/>
ne dem Geschlechte andere Römische Rechts-<lb/>
wohlthaten zu erlassen. Wer sollte denken,<lb/>
da&#x017F;s man mit Wohlthaten so sehr ins Gedrän-<lb/>
ge kommen, so geplagt und belästigt werden<lb/>
könnte! wer sollte denken, da&#x017F;s man dem mit<lb/>
Wohlthaten so überhäuften Römischen Frauen-<lb/>
zimmer ehemals nicht gestattete, den Volks-<lb/>
versammlungen beizuwohnen! da&#x017F;s man es der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0166] Zwecke durch ihr heiliges Gesetz verbindet, sie auch den Schlüssel und das Recht zu den Mitteln verliehen hat? Oder kann man ohne Mittel zum Zwecke gelangen? Stehet es nicht jedem frei, das zu thun, ohne was er seiner Verbindlichkeit nicht nachkommen oder sie nicht erfüllen könnte? Sehr consequent in Rücksicht Römischer Rechts-Grundsätze hat Divus Justinianus (Nov. CXXXIV. Cap. IX.) angeordnet, daſs kein Frauenzimmer gefänglich eingezogen wer- den solle. Auch wegen der gröſsten Verbre- chen will er sie nur mit dem Kloster bestra- fen und sie bloſs der Aufsicht anderer Weiber anvertrauen — Wir indeſs geben dieses Gesetz aus männlicher Machtvollkommenheit auf, oh- ne dem Geschlechte andere Römische Rechts- wohlthaten zu erlassen. Wer sollte denken, daſs man mit Wohlthaten so sehr ins Gedrän- ge kommen, so geplagt und belästigt werden könnte! wer sollte denken, daſs man dem mit Wohlthaten so überhäuften Römischen Frauen- zimmer ehemals nicht gestattete, den Volks- versammlungen beizuwohnen! daſs man es der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/166
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/166>, abgerufen am 24.11.2024.