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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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ganzen Festung bedarf, so vieler Umstände
werth? Was muntert mehr zur Ehe auf: --
Hagestolzenstrafen -- Vaterprivilegien? oder
eine tugendhafte Frau, die bischöflich nur Ei-
nes Mannes Weib ist, und dies ihr Licht
leuchten lässt vor den Leuten, dass sie ihre
guten Werke sehen? --

Welch ein Umgang ist reitzender, als un-
ter Freunden und Freundinnen! -- Freund-
schaft
kann freilich unter Einem Geschlecht
existiren; allein Umgang nicht. -- Freund-
schaft, ächte Freundschaft ist eine Schaumünze,
die man nur im höchsten Nothfall angreift;
Umgang ist Ausgabegeld, für das wir tägliches
Brot kaufen: und was wären wir ohne ihn?
Wie viele Menschen, die zu jener hohen
Stimmung der Freundschaft keinen Beruf em-
pfingen, würden ohne Umgang lebendig todt
seyn! Die Freundschaft bittet nicht, sie for-
dert; sie borgt nicht, auch wenn ihr Antrag
noch so mächtig wäre, sie kassirt nur Schul-
den ein -- Freunde befinden sich in Gemein-
schaft der Güter des Lebens; ihr Sinnbild ist,
nach dem Ausspruche des Aristoteles: Eine

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ganzen Festung bedarf, so vieler Umstände
werth? Was muntert mehr zur Ehe auf: —
Hagestolzenstrafen — Vaterprivilegien? oder
eine tugendhafte Frau, die bischöflich nur Ei-
nes Mannes Weib ist, und dies ihr Licht
leuchten läſst vor den Leuten, daſs sie ihre
guten Werke sehen? —

Welch ein Umgang ist reitzender, als un-
ter Freunden und Freundinnen! — Freund-
schaft
kann freilich unter Einem Geschlecht
existiren; allein Umgang nicht. — Freund-
schaft, ächte Freundschaft ist eine Schaumünze,
die man nur im höchsten Nothfall angreift;
Umgang ist Ausgabegeld, für das wir tägliches
Brot kaufen: und was wären wir ohne ihn?
Wie viele Menschen, die zu jener hohen
Stimmung der Freundschaft keinen Beruf em-
pfingen, würden ohne Umgang lebendig todt
seyn! Die Freundschaft bittet nicht, sie for-
dert; sie borgt nicht, auch wenn ihr Antrag
noch so mächtig wäre, sie kassirt nur Schul-
den ein — Freunde befinden sich in Gemein-
schaft der Güter des Lebens; ihr Sinnbild ist,
nach dem Ausspruche des Aristoteles: Eine

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[145/0153] ganzen Festung bedarf, so vieler Umstände werth? Was muntert mehr zur Ehe auf: — Hagestolzenstrafen — Vaterprivilegien? oder eine tugendhafte Frau, die bischöflich nur Ei- nes Mannes Weib ist, und dies ihr Licht leuchten läſst vor den Leuten, daſs sie ihre guten Werke sehen? — Welch ein Umgang ist reitzender, als un- ter Freunden und Freundinnen! — Freund- schaft kann freilich unter Einem Geschlecht existiren; allein Umgang nicht. — Freund- schaft, ächte Freundschaft ist eine Schaumünze, die man nur im höchsten Nothfall angreift; Umgang ist Ausgabegeld, für das wir tägliches Brot kaufen: und was wären wir ohne ihn? Wie viele Menschen, die zu jener hohen Stimmung der Freundschaft keinen Beruf em- pfingen, würden ohne Umgang lebendig todt seyn! Die Freundschaft bittet nicht, sie for- dert; sie borgt nicht, auch wenn ihr Antrag noch so mächtig wäre, sie kassirt nur Schul- den ein — Freunde befinden sich in Gemein- schaft der Güter des Lebens; ihr Sinnbild ist, nach dem Ausspruche des Aristoteles: Eine K

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/153>, abgerufen am 25.11.2024.