Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

ihren gottesdienstlichen Verrichtungen, einen
grossen Einfluss in Staatsverhandlungen be-
haupteten, ihre Berathschlagungen lenkten und
ihren Kriegern in Schlachten Verachtung der
Gefahr, Liebe für das Vaterland, und Muth
gegen ihre Feinde einhauchten. Weiber wa-
ren ihren Männern nicht, wie grosse Staats-
diener ihren noch grösseren Fürsten, rechte
oder linke Hand, sondern Herz und Seele.
Die Geschichte hat uns noch einen berühmten
Namen, V[e]llede, aufbehalten. Ob sie übri-
gens als aktive Bürgerinnen an den Volks-
versammlungen Theil nahmen; ob sie mit den
Männern überall gleiche Rechte genossen: das
ist eine Frage, welche die Geschichte unbeaut-
wortet lässt; indess ist zu vermuthen, dass
auch bei unsern Vätern die Weiber jene Rol-
len mehr aus Connivenz, als kraft einer
förmlichen Berechtigung spielten, indem ein
so wichtiger Umstand, der bei allen übrigen
damals bekannten Völkern so sehr ausser der
Regel war, gewiss der Nachwelt wäre über-
liefert worden. Die Eheunlust, worüber Ge-
setzgeber und Politiker von je her so manchen

ihren gottesdienstlichen Verrichtungen, einen
groſsen Einfluſs in Staatsverhandlungen be-
haupteten, ihre Berathschlagungen lenkten und
ihren Kriegern in Schlachten Verachtung der
Gefahr, Liebe für das Vaterland, und Muth
gegen ihre Feinde einhauchten. Weiber wa-
ren ihren Männern nicht, wie groſse Staats-
diener ihren noch gröſseren Fürsten, rechte
oder linke Hand, sondern Herz und Seele.
Die Geschichte hat uns noch einen berühmten
Namen, V[e]llede, aufbehalten. Ob sie übri-
gens als aktive Bürgerinnen an den Volks-
versammlungen Theil nahmen; ob sie mit den
Männern überall gleiche Rechte genossen: das
ist eine Frage, welche die Geschichte unbeaut-
wortet läſst; indeſs ist zu vermuthen, daſs
auch bei unsern Vätern die Weiber jene Rol-
len mehr aus Connivenz, als kraft einer
förmlichen Berechtigung spielten, indem ein
so wichtiger Umstand, der bei allen übrigen
damals bekannten Völkern so sehr auſser der
Regel war, gewiſs der Nachwelt wäre über-
liefert worden. Die Eheunlust, worüber Ge-
setzgeber und Politiker von je her so manchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0149" n="141"/>
ihren gottesdienstlichen Verrichtungen, einen<lb/>
gro&#x017F;sen Einflu&#x017F;s in Staatsverhandlungen be-<lb/>
haupteten, ihre Berathschlagungen lenkten und<lb/>
ihren Kriegern in Schlachten Verachtung der<lb/>
Gefahr, Liebe für das Vaterland, und Muth<lb/>
gegen ihre Feinde einhauchten. Weiber wa-<lb/>
ren ihren Männern nicht, wie gro&#x017F;se Staats-<lb/>
diener ihren noch grö&#x017F;seren Fürsten, <hi rendition="#i">rechte</hi><lb/>
oder <hi rendition="#i">linke Hand</hi>, sondern Herz und Seele.<lb/>
Die Geschichte hat uns noch einen berühmten<lb/>
Namen, <hi rendition="#i">V<supplied>e</supplied>llede</hi>, aufbehalten. Ob sie übri-<lb/>
gens als aktive Bürgerinnen an den Volks-<lb/>
versammlungen Theil nahmen; ob sie mit den<lb/>
Männern überall gleiche Rechte genossen: das<lb/>
ist eine Frage, welche die Geschichte unbeaut-<lb/>
wortet lä&#x017F;st; inde&#x017F;s ist zu vermuthen, da&#x017F;s<lb/>
auch bei unsern Vätern die Weiber jene Rol-<lb/>
len mehr aus Connivenz, als kraft einer<lb/>
förmlichen Berechtigung spielten, indem ein<lb/>
so wichtiger Umstand, der bei allen übrigen<lb/>
damals bekannten Völkern so sehr au&#x017F;ser der<lb/>
Regel war, gewi&#x017F;s der Nachwelt wäre über-<lb/>
liefert worden. Die Eheunlust, worüber Ge-<lb/>
setzgeber und Politiker von je her so manchen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0149] ihren gottesdienstlichen Verrichtungen, einen groſsen Einfluſs in Staatsverhandlungen be- haupteten, ihre Berathschlagungen lenkten und ihren Kriegern in Schlachten Verachtung der Gefahr, Liebe für das Vaterland, und Muth gegen ihre Feinde einhauchten. Weiber wa- ren ihren Männern nicht, wie groſse Staats- diener ihren noch gröſseren Fürsten, rechte oder linke Hand, sondern Herz und Seele. Die Geschichte hat uns noch einen berühmten Namen, Vellede, aufbehalten. Ob sie übri- gens als aktive Bürgerinnen an den Volks- versammlungen Theil nahmen; ob sie mit den Männern überall gleiche Rechte genossen: das ist eine Frage, welche die Geschichte unbeaut- wortet läſst; indeſs ist zu vermuthen, daſs auch bei unsern Vätern die Weiber jene Rol- len mehr aus Connivenz, als kraft einer förmlichen Berechtigung spielten, indem ein so wichtiger Umstand, der bei allen übrigen damals bekannten Völkern so sehr auſser der Regel war, gewiſs der Nachwelt wäre über- liefert worden. Die Eheunlust, worüber Ge- setzgeber und Politiker von je her so manchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/149
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/149>, abgerufen am 22.11.2024.