Stab Wehe brachen -- entstand sie nicht aus der Verachtung, welcher das andere Geschlecht ausgesetzt war? Scheint es nicht eine Art von Degradation seiner selbst, ein Frauenzim- mer zu ehelichen, das im Grunde so ohne alle Bedeutung ist? besonders wenn man über- lästige Schwiegermütter und Basen als Beila- gen sub Ecce und Vide erhält! Man lasse das Mädchen seyn wie unser Einer, und ge- wiss wird ein ehelustiger Jüngling weniger Bedenken finden, mit ihr zu ziehen; und werden Basen und Schwiegermütter bei der Geschlechtsverbesserung noch Zeit behalten, sich als Beilagen sub Ecce und Vide brauchen zu lassen? --
Wenn es wahr ist, dass durch den Mü- ssiggang eines Bürgers im Staate ein anderer doppelt arbeiten muss, um die Faulheit von jenem zu übertragen und Alles ins Gleichge- wicht zu bringen; so bestätiget sich diese Be- merkung noch weit mehr durch die Veilwei- berei, die Quelle, wodurch zwar das andere Geschlecht ausserordentlich von seiner Würde verloren, die indess auch dem männlichen,
Stab Wehe brachen — entstand sie nicht aus der Verachtung, welcher das andere Geschlecht ausgesetzt war? Scheint es nicht eine Art von Degradation seiner selbst, ein Frauenzim- mer zu ehelichen, das im Grunde so ohne alle Bedeutung ist? besonders wenn man über- lästige Schwiegermütter und Basen als Beila- gen sub Ecce und Vide erhält! Man lasse das Mädchen seyn wie unser Einer, und ge- wiſs wird ein ehelustiger Jüngling weniger Bedenken finden, mit ihr zu ziehen; und werden Basen und Schwiegermütter bei der Geschlechtsverbesserung noch Zeit behalten, sich als Beilagen sub Ecce und Vide brauchen zu lassen? —
Wenn es wahr ist, daſs durch den Mü- ſsiggang eines Bürgers im Staate ein anderer doppelt arbeiten muſs, um die Faulheit von jenem zu übertragen und Alles ins Gleichge- wicht zu bringen; so bestätiget sich diese Be- merkung noch weit mehr durch die Veilwei- berei, die Quelle, wodurch zwar das andere Geschlecht auſserordentlich von seiner Würde verloren, die indeſs auch dem männlichen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0150"n="142"/>
Stab Wehe brachen — entstand sie nicht aus<lb/>
der Verachtung, welcher das andere Geschlecht<lb/>
ausgesetzt war? Scheint es nicht eine Art<lb/>
von Degradation seiner selbst, ein Frauenzim-<lb/>
mer zu ehelichen, das im Grunde so ohne<lb/>
alle Bedeutung ist? besonders wenn man über-<lb/>
lästige Schwiegermütter und Basen als Beila-<lb/>
gen <hirendition="#i">sub Ecce</hi> und <hirendition="#i">Vide</hi> erhält! Man lasse<lb/>
das Mädchen seyn wie unser Einer, und ge-<lb/>
wiſs wird ein ehelustiger Jüngling weniger<lb/>
Bedenken finden, mit ihr zu ziehen; und<lb/>
werden Basen und Schwiegermütter bei der<lb/>
Geschlechtsverbesserung noch Zeit behalten,<lb/>
sich als <hirendition="#i">Beilagen sub Ecce und Vide</hi> brauchen<lb/>
zu lassen? —</p><lb/><p>Wenn es wahr ist, daſs durch den Mü-<lb/>ſsiggang eines Bürgers im Staate ein anderer<lb/>
doppelt arbeiten muſs, um die Faulheit von<lb/>
jenem zu übertragen und Alles ins Gleichge-<lb/>
wicht zu bringen; so bestätiget sich diese Be-<lb/>
merkung noch weit mehr durch die Veilwei-<lb/>
berei, die Quelle, wodurch zwar das <hirendition="#i">andere</hi><lb/>
Geschlecht auſserordentlich von seiner Würde<lb/>
verloren, die indeſs auch dem <hirendition="#i">männlichen</hi>,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[142/0150]
Stab Wehe brachen — entstand sie nicht aus
der Verachtung, welcher das andere Geschlecht
ausgesetzt war? Scheint es nicht eine Art
von Degradation seiner selbst, ein Frauenzim-
mer zu ehelichen, das im Grunde so ohne
alle Bedeutung ist? besonders wenn man über-
lästige Schwiegermütter und Basen als Beila-
gen sub Ecce und Vide erhält! Man lasse
das Mädchen seyn wie unser Einer, und ge-
wiſs wird ein ehelustiger Jüngling weniger
Bedenken finden, mit ihr zu ziehen; und
werden Basen und Schwiegermütter bei der
Geschlechtsverbesserung noch Zeit behalten,
sich als Beilagen sub Ecce und Vide brauchen
zu lassen? —
Wenn es wahr ist, daſs durch den Mü-
ſsiggang eines Bürgers im Staate ein anderer
doppelt arbeiten muſs, um die Faulheit von
jenem zu übertragen und Alles ins Gleichge-
wicht zu bringen; so bestätiget sich diese Be-
merkung noch weit mehr durch die Veilwei-
berei, die Quelle, wodurch zwar das andere
Geschlecht auſserordentlich von seiner Würde
verloren, die indeſs auch dem männlichen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/150>, abgerufen am 05.10.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.