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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Gewissen sich anfänglich hintergehen, bald
hernach sich anstecken lässt, und endlich
selbst leidenschaftlich wird. -- Spät nur, und
wenn der Tag seines Lebens kühl geworden,
kommt der Mensch durch die Stimme seines
Gewissens, das sich wieder erholt hat, zum
Nachdenken. "Adam, wo bist du? wohin ist
es mit dir gekommen?" Das Fieber des
Selbstbetruges legt sich; die Vernunft hat Zwi-
schenstunden, kommt allmählich zu Kräften,
und entwirft sich Gesetze, die der Mensch
wenigstens im Durchschnitt erfüllt -- Ganz
wird er nie aufhören Mensch zu seyn -- wie
sollt' er auch eine ihm wildfremde Rolle völ-
lig ausführen können? Bei den Fehlern des
Alters erinnert er sich der Sünden der Jugend,
sinkt, fällt, steht auf, und sieht am Ende ein,
dass der Mensch nie zur Vollständigkeit ge-
langen kann; doch jaget er ihr nach, und ver-
sucht, ob er jenes Ziel erreichen werde, die
Krone des Lebens. --

Das Weib -- ist wie der Mann; es giebt
hier keinen Unterschied: sie sind allzumal
Menschen, und mangeln des Ruhmes, den sie

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Gewissen sich anfänglich hintergehen, bald
hernach sich anstecken läſst, und endlich
selbst leidenschaftlich wird. — Spät nur, und
wenn der Tag seines Lebens kühl geworden,
kommt der Mensch durch die Stimme seines
Gewissens, das sich wieder erholt hat, zum
Nachdenken. »Adam, wo bist du? wohin ist
es mit dir gekommen?» Das Fieber des
Selbstbetruges legt sich; die Vernunft hat Zwi-
schenstunden, kommt allmählich zu Kräften,
und entwirft sich Gesetze, die der Mensch
wenigstens im Durchschnitt erfüllt — Ganz
wird er nie aufhören Mensch zu seyn — wie
sollt’ er auch eine ihm wildfremde Rolle völ-
lig ausführen können? Bei den Fehlern des
Alters erinnert er sich der Sünden der Jugend,
sinkt, fällt, steht auf, und sieht am Ende ein,
daſs der Mensch nie zur Vollständigkeit ge-
langen kann; doch jaget er ihr nach, und ver-
sucht, ob er jenes Ziel erreichen werde, die
Krone des Lebens. —

Das Weib — ist wie der Mann; es giebt
hier keinen Unterschied: sie sind allzumal
Menschen, und mangeln des Ruhmes, den sie

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[119/0127] Gewissen sich anfänglich hintergehen, bald hernach sich anstecken läſst, und endlich selbst leidenschaftlich wird. — Spät nur, und wenn der Tag seines Lebens kühl geworden, kommt der Mensch durch die Stimme seines Gewissens, das sich wieder erholt hat, zum Nachdenken. »Adam, wo bist du? wohin ist es mit dir gekommen?» Das Fieber des Selbstbetruges legt sich; die Vernunft hat Zwi- schenstunden, kommt allmählich zu Kräften, und entwirft sich Gesetze, die der Mensch wenigstens im Durchschnitt erfüllt — Ganz wird er nie aufhören Mensch zu seyn — wie sollt’ er auch eine ihm wildfremde Rolle völ- lig ausführen können? Bei den Fehlern des Alters erinnert er sich der Sünden der Jugend, sinkt, fällt, steht auf, und sieht am Ende ein, daſs der Mensch nie zur Vollständigkeit ge- langen kann; doch jaget er ihr nach, und ver- sucht, ob er jenes Ziel erreichen werde, die Krone des Lebens. — Das Weib — ist wie der Mann; es giebt hier keinen Unterschied: sie sind allzumal Menschen, und mangeln des Ruhmes, den sie H 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/127>, abgerufen am 25.11.2024.