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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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weil die Gelübde nicht gehalten werden, nicht
zu halten sind? nur da gehalten werden dür-
fen, wo die Natur in speciellen Fällen mit-
wirkt? Ei, Lieber! wer hält seinen Amtseid?
und wird dieser Eid erlassen? Der grössten
Versuchungen zu falschen Aussagen ungeach-
tet, findet der Richter, oder -- was mehr sa-
gen will -- der Gesetzgeber keine Bedenklich-
keit, Eiden auszuweichen; und geht denn
wirklich das Versprechen der ehelichen Treue,
auf welchem die Würde, Sicherheit und Wohl-
fahrt des Staates, das Glück des häuslichen
Standes, (des angenehmsten und tröstlichsten
im menschlichen Leben) und aller Fleiss, alle
Betriebsamkeit beruhen, über das Vermögen
der Menschen? Hast du nicht liebe getreue
Ehegenossen gekannt? Ein menschliches Schau-
spiel, das Engel zu sehen gelüsten könnte!
Unglücklicher! was ist dir die Menschheit
werth, wenn sie so tief gesunken wäre! Ich
suche den Grund dieser, von unseren eiderei-
chen Vorfahren auf uns gleich eidgierige Nach-
kommen gebrachten, denkwürdigen Gewohn-
heit in der Befürchtung, dass man Eide einer

weil die Gelübde nicht gehalten werden, nicht
zu halten sind? nur da gehalten werden dür-
fen, wo die Natur in speciellen Fällen mit-
wirkt? Ei, Lieber! wer hält seinen Amtseid?
und wird dieser Eid erlassen? Der gröſsten
Versuchungen zu falschen Aussagen ungeach-
tet, findet der Richter, oder — was mehr sa-
gen will — der Gesetzgeber keine Bedenklich-
keit, Eiden auszuweichen; und geht denn
wirklich das Versprechen der ehelichen Treue,
auf welchem die Würde, Sicherheit und Wohl-
fahrt des Staates, das Glück des häuslichen
Standes, (des angenehmsten und tröstlichsten
im menschlichen Leben) und aller Fleiſs, alle
Betriebsamkeit beruhen, über das Vermögen
der Menschen? Hast du nicht liebe getreue
Ehegenossen gekannt? Ein menschliches Schau-
spiel, das Engel zu sehen gelüsten könnte!
Unglücklicher! was ist dir die Menschheit
werth, wenn sie so tief gesunken wäre! Ich
suche den Grund dieser, von unseren eiderei-
chen Vorfahren auf uns gleich eidgierige Nach-
kommen gebrachten, denkwürdigen Gewohn-
heit in der Befürchtung, daſs man Eide einer

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[108/0116] weil die Gelübde nicht gehalten werden, nicht zu halten sind? nur da gehalten werden dür- fen, wo die Natur in speciellen Fällen mit- wirkt? Ei, Lieber! wer hält seinen Amtseid? und wird dieser Eid erlassen? Der gröſsten Versuchungen zu falschen Aussagen ungeach- tet, findet der Richter, oder — was mehr sa- gen will — der Gesetzgeber keine Bedenklich- keit, Eiden auszuweichen; und geht denn wirklich das Versprechen der ehelichen Treue, auf welchem die Würde, Sicherheit und Wohl- fahrt des Staates, das Glück des häuslichen Standes, (des angenehmsten und tröstlichsten im menschlichen Leben) und aller Fleiſs, alle Betriebsamkeit beruhen, über das Vermögen der Menschen? Hast du nicht liebe getreue Ehegenossen gekannt? Ein menschliches Schau- spiel, das Engel zu sehen gelüsten könnte! Unglücklicher! was ist dir die Menschheit werth, wenn sie so tief gesunken wäre! Ich suche den Grund dieser, von unseren eiderei- chen Vorfahren auf uns gleich eidgierige Nach- kommen gebrachten, denkwürdigen Gewohn- heit in der Befürchtung, daſs man Eide einer

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/116>, abgerufen am 13.10.2024.