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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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ein unschuldiges frommes Mädchen und eine
Nonne.

Wir verehren nicht gemeine Dinge und
versündigen uns oft schwer an ihnen. Was sel-
ten ist, gefällt! -- Man haßt den, der im Klei-
nen betrügt. Thut ers im Großen; so finden
wir so viel nicht auszusetzen. Das Spiel ver-
lohnt das Licht nicht! -- Große Diebe lau-
fen, kleine hängen! Der Beobachter wen-
det sich nur an kleine Züge, und überläßt
gern die Hauptstücke andern, blos weil sie
mehr ins Auge fallen. Das Gemüth, das
Herz, schlägt im Winkel an seine Brust, wie
der Zöllner, es will durchaus nicht gesehen
seyn; allein jeder hat auch seinen Pharisäer
bey sich, der geflissentlich bemüht ist, sich
vorzudrengen, wenn man den Menschen mah-
len will.

-- Gern! gern! verzeih ich allen, die
mich trüglich behandelt, mit Lügen und mit
falschem Gedicht, durch notas selectas und
variorum. Scire leges non est, verba earum
tenere, sed vim et potestatem
.

Der, der aller Welt Richter ist und recht
richtet, der das rechte Recht spricht, das
sich schlafen gelegt hat, weiß den innersten
Gedanken meiner Seele und den Rath mei-

nes
O o 4

ein unſchuldiges frommes Maͤdchen und eine
Nonne.

Wir verehren nicht gemeine Dinge und
verſuͤndigen uns oft ſchwer an ihnen. Was ſel-
ten iſt, gefaͤllt! — Man haßt den, der im Klei-
nen betruͤgt. Thut ers im Großen; ſo finden
wir ſo viel nicht auszuſetzen. Das Spiel ver-
lohnt das Licht nicht! — Große Diebe lau-
fen, kleine haͤngen! Der Beobachter wen-
det ſich nur an kleine Zuͤge, und uͤberlaͤßt
gern die Hauptſtuͤcke andern, blos weil ſie
mehr ins Auge fallen. Das Gemuͤth, das
Herz, ſchlaͤgt im Winkel an ſeine Bruſt, wie
der Zoͤllner, es will durchaus nicht geſehen
ſeyn; allein jeder hat auch ſeinen Phariſaͤer
bey ſich, der gefliſſentlich bemuͤht iſt, ſich
vorzudrengen, wenn man den Menſchen mah-
len will.

— Gern! gern! verzeih ich allen, die
mich truͤglich behandelt, mit Luͤgen und mit
falſchem Gedicht, durch notas ſelectas und
variorum. Scire leges non eſt, verba earum
tenere, ſed vim et poteſtatem
.

Der, der aller Welt Richter iſt und recht
richtet, der das rechte Recht ſpricht, das
ſich ſchlafen gelegt hat, weiß den innerſten
Gedanken meiner Seele und den Rath mei-

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O o 4
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[583/0593] ein unſchuldiges frommes Maͤdchen und eine Nonne. Wir verehren nicht gemeine Dinge und verſuͤndigen uns oft ſchwer an ihnen. Was ſel- ten iſt, gefaͤllt! — Man haßt den, der im Klei- nen betruͤgt. Thut ers im Großen; ſo finden wir ſo viel nicht auszuſetzen. Das Spiel ver- lohnt das Licht nicht! — Große Diebe lau- fen, kleine haͤngen! Der Beobachter wen- det ſich nur an kleine Zuͤge, und uͤberlaͤßt gern die Hauptſtuͤcke andern, blos weil ſie mehr ins Auge fallen. Das Gemuͤth, das Herz, ſchlaͤgt im Winkel an ſeine Bruſt, wie der Zoͤllner, es will durchaus nicht geſehen ſeyn; allein jeder hat auch ſeinen Phariſaͤer bey ſich, der gefliſſentlich bemuͤht iſt, ſich vorzudrengen, wenn man den Menſchen mah- len will. — Gern! gern! verzeih ich allen, die mich truͤglich behandelt, mit Luͤgen und mit falſchem Gedicht, durch notas ſelectas und variorum. Scire leges non eſt, verba earum tenere, ſed vim et poteſtatem. Der, der aller Welt Richter iſt und recht richtet, der das rechte Recht ſpricht, das ſich ſchlafen gelegt hat, weiß den innerſten Gedanken meiner Seele und den Rath mei- nes O o 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/593>, abgerufen am 28.11.2024.