Er glaubte der Frucht dadurch ein Andenken zu stiften, und ihr eine Art von Erkenntlich- keit zu beweisen. Mein Vater dachte in Ab- sicht der Pomeranzen und Citronenkörner an- ders. Davor war er ein Kernmann; Herr v. W -- aber ein Blättermann --
Bey Tafel war Herr v. W -- der gefäl- ligste Wirth, den man sich nur denken kann.
Er fieng eine Unterredung an, oder brach sie schnell ab, je nachdem es Zeit und Gele- genheit wolten.
Den guten Pastor, der heute alles wohl- gemacht hatte, brachte er in die Enge, indem Herr v. W -- den undeutschen Anfang des Vater unsers auf die Rechnung der Höflich- keit schrieb. Das Substantivum solte über- haupt vor dem Adjunctivo zu stehen kom- men --
Eine Unterredung fiel mir sehr auf, die Herr v. W -- so recht aus dem Innersten seines Herzens geschöpft zu haben anschien. Grobe Leute, sagt' er, sind glücklicher, als die Höflichen. Für Grobe fürchtet fich Je- dermann. Man freuet sich, wenn sie ein Lä- cheln wo leuchten laßen. -- Ich habe Leute gekannt, die sich durch Grobheit als Ge-
lehrte,
Er glaubte der Frucht dadurch ein Andenken zu ſtiften, und ihr eine Art von Erkenntlich- keit zu beweiſen. Mein Vater dachte in Ab- ſicht der Pomeranzen und Citronenkoͤrner an- ders. Davor war er ein Kernmann; Herr v. W — aber ein Blaͤttermann —
Bey Tafel war Herr v. W — der gefaͤl- ligſte Wirth, den man ſich nur denken kann.
Er fieng eine Unterredung an, oder brach ſie ſchnell ab, je nachdem es Zeit und Gele- genheit wolten.
Den guten Paſtor, der heute alles wohl- gemacht hatte, brachte er in die Enge, indem Herr v. W — den undeutſchen Anfang des Vater unſers auf die Rechnung der Hoͤflich- keit ſchrieb. Das Subſtantivum ſolte uͤber- haupt vor dem Adjunctivo zu ſtehen kom- men —
Eine Unterredung fiel mir ſehr auf, die Herr v. W — ſo recht aus dem Innerſten ſeines Herzens geſchoͤpft zu haben anſchien. Grobe Leute, ſagt’ er, ſind gluͤcklicher, als die Hoͤflichen. Fuͤr Grobe fuͤrchtet fich Je- dermann. Man freuet ſich, wenn ſie ein Laͤ- cheln wo leuchten laßen. — Ich habe Leute gekannt, die ſich durch Grobheit als Ge-
lehrte,
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Er glaubte der Frucht dadurch ein Andenken
zu ſtiften, und ihr eine Art von Erkenntlich-
keit zu beweiſen. Mein Vater dachte in Ab-
ſicht der Pomeranzen und Citronenkoͤrner an-
ders. Davor war er ein Kernmann; Herr
v. W — aber ein Blaͤttermann —
Bey Tafel war Herr v. W — der gefaͤl-
ligſte Wirth, den man ſich nur denken
kann.
Er fieng eine Unterredung an, oder brach
ſie ſchnell ab, je nachdem es Zeit und Gele-
genheit wolten.
Den guten Paſtor, der heute alles wohl-
gemacht hatte, brachte er in die Enge, indem
Herr v. W — den undeutſchen Anfang des
Vater unſers auf die Rechnung der Hoͤflich-
keit ſchrieb. Das Subſtantivum ſolte uͤber-
haupt vor dem Adjunctivo zu ſtehen kom-
men —
Eine Unterredung fiel mir ſehr auf, die
Herr v. W — ſo recht aus dem Innerſten
ſeines Herzens geſchoͤpft zu haben anſchien.
Grobe Leute, ſagt’ er, ſind gluͤcklicher, als
die Hoͤflichen. Fuͤr Grobe fuͤrchtet fich Je-
dermann. Man freuet ſich, wenn ſie ein Laͤ-
cheln wo leuchten laßen. — Ich habe Leute
gekannt, die ſich durch Grobheit als Ge-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/540>, abgerufen am 22.11.2024.
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