seine unbedachtsame Voreltern an, die zwar den Hochzeits- nicht aber den Verlobungstag in die Archive von -- gelegt und in die Fa- milienakten verzeichnet hatten, welches Herr v. W -- bey dieser Gelegenheit sehr empfind- lich rügte! -- Nun nahm ich mir die Er- laubnis zu bemerken: Ihr Herr Vater hat auch einen Hochzeitstag gehabt? Freylich, erwiederte Herr v. W -- allein wie schön wär alles zu stehen gekommen, wenn an diesem Tage -- das Beylager, grif ich ein, und an jenem die Verlobung gehalten wäre? Darf ich aber ihren selbst eigenen Hochzeitstag, weil doch die Verlobungstage in der Familie in etwas vernachläßiget zu seyn scheinen, wenigstens nicht Ahnenreich sind, darf ich -- Herr v. W -- merkte auf und begrif, wo ich hinaus wolte. Er schien sich zu fassen, obschon er nicht umhin konnte, dem Worte Beylager Einen Brandmark zu geben, und, wie er sagte, mich höchlich zu bitten, zu Ehre der Deutschen dies Wort bis aufs Blut zu verfolgen! -- welches ich ihm, um seinen patriotischen Absichten nicht den Weg zu vertreten, versprach! --
Tinchen genas, und die Familie versam- melte sich zu einem zwar etwas spätern, allein
desto
ſeine unbedachtſame Voreltern an, die zwar den Hochzeits- nicht aber den Verlobungstag in die Archive von — gelegt und in die Fa- milienakten verzeichnet hatten, welches Herr v. W — bey dieſer Gelegenheit ſehr empfind- lich ruͤgte! — Nun nahm ich mir die Er- laubnis zu bemerken: Ihr Herr Vater hat auch einen Hochzeitstag gehabt? Freylich, erwiederte Herr v. W — allein wie ſchoͤn waͤr alles zu ſtehen gekommen, wenn an dieſem Tage — das Beylager, grif ich ein, und an jenem die Verlobung gehalten waͤre? Darf ich aber ihren ſelbſt eigenen Hochzeitstag, weil doch die Verlobungstage in der Familie in etwas vernachlaͤßiget zu ſeyn ſcheinen, wenigſtens nicht Ahnenreich ſind, darf ich — Herr v. W — merkte auf und begrif, wo ich hinaus wolte. Er ſchien ſich zu faſſen, obſchon er nicht umhin konnte, dem Worte Beylager Einen Brandmark zu geben, und, wie er ſagte, mich hoͤchlich zu bitten, zu Ehre der Deutſchen dies Wort bis aufs Blut zu verfolgen! — welches ich ihm, um ſeinen patriotiſchen Abſichten nicht den Weg zu vertreten, verſprach! —
Tinchen genas, und die Familie verſam- melte ſich zu einem zwar etwas ſpaͤtern, allein
deſto
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ſeine unbedachtſame Voreltern an, die zwar
den Hochzeits- nicht aber den Verlobungstag
in die Archive von — gelegt und in die Fa-
milienakten verzeichnet hatten, welches Herr
v. W — bey dieſer Gelegenheit ſehr empfind-
lich ruͤgte! — Nun nahm ich mir die Er-
laubnis zu bemerken: Ihr Herr Vater hat
auch einen Hochzeitstag gehabt? Freylich,
erwiederte Herr v. W — allein wie ſchoͤn
waͤr alles zu ſtehen gekommen, wenn
an dieſem Tage — das Beylager, grif ich
ein, und an jenem die Verlobung gehalten
waͤre? Darf ich aber ihren ſelbſt eigenen
Hochzeitstag, weil doch die Verlobungstage
in der Familie in etwas vernachlaͤßiget zu
ſeyn ſcheinen, wenigſtens nicht Ahnenreich
ſind, darf ich — Herr v. W — merkte auf
und begrif, wo ich hinaus wolte. Er ſchien
ſich zu faſſen, obſchon er nicht umhin konnte,
dem Worte Beylager Einen Brandmark zu
geben, und, wie er ſagte, mich hoͤchlich zu
bitten, zu Ehre der Deutſchen dies Wort
bis aufs Blut zu verfolgen! — welches ich
ihm, um ſeinen patriotiſchen Abſichten nicht
den Weg zu vertreten, verſprach! —
Tinchen genas, und die Familie verſam-
melte ſich zu einem zwar etwas ſpaͤtern, allein
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/472>, abgerufen am 25.11.2024.
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