Nach einem langwierigen unverständli- chen Mischmasch, kam alles an Ort und Stelle. Der Herr Bräutigam hatte sich ent- schuldigen laßen. Sein Fürsprecher war Junker Peter, der Mückentodtdrücker, Tin- chens Bruder, der mit feurigen Roß und Wagen angekommen war. Man hört es den Pferden an, daß sie bey einem Bräutigam im Dienst sind, sagte Herr v. W -- und that sehr zufrieden, daß der Herr Schwie- gersohn in Rücksicht der Pferde die Etikette als Bräutigam nicht verfehlet; was aber Ihn selbst betraf, oh! das war ihm zu uner- träglich, als daß er über diese cursche Denk- art seinen Unwillen nicht äussern sollen. Die Stimme ist Jacobs, die Hände Esaus, sagte der gute Herr v. W -- ohne zu bedenken, daß er dem Jacob, den er mit den kecken Bräutigams-Pferden verglich, eben keine sonderliche Ehre erwies. Wie doch alles in der Welt durch Mißverständnisse geschlängelt wird! Ich weiß nicht, ob meine Leser sich noch an den sonst unbeträchtlichen Umstand des vermeintlichen Todes des D. Safts erin- nern, welche meine betrübte Sündenfalls- Krankheit im vierzehnten Jahre veranlaßte und was für Kreutzwege giengen nicht aus
dieser
Nach einem langwierigen unverſtaͤndli- chen Miſchmaſch, kam alles an Ort und Stelle. Der Herr Braͤutigam hatte ſich ent- ſchuldigen laßen. Sein Fuͤrſprecher war Junker Peter, der Muͤckentodtdruͤcker, Tin- chens Bruder, der mit feurigen Roß und Wagen angekommen war. Man hoͤrt es den Pferden an, daß ſie bey einem Braͤutigam im Dienſt ſind, ſagte Herr v. W — und that ſehr zufrieden, daß der Herr Schwie- gerſohn in Ruͤckſicht der Pferde die Etikette als Braͤutigam nicht verfehlet; was aber Ihn ſelbſt betraf, oh! das war ihm zu uner- traͤglich, als daß er uͤber dieſe curſche Denk- art ſeinen Unwillen nicht aͤuſſern ſollen. Die Stimme iſt Jacobs, die Haͤnde Eſaus, ſagte der gute Herr v. W — ohne zu bedenken, daß er dem Jacob, den er mit den kecken Braͤutigams-Pferden verglich, eben keine ſonderliche Ehre erwies. Wie doch alles in der Welt durch Mißverſtaͤndniſſe geſchlaͤngelt wird! Ich weiß nicht, ob meine Leſer ſich noch an den ſonſt unbetraͤchtlichen Umſtand des vermeintlichen Todes des D. Safts erin- nern, welche meine betruͤbte Suͤndenfalls- Krankheit im vierzehnten Jahre veranlaßte und was fuͤr Kreutzwege giengen nicht aus
dieſer
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0470"n="462"/><p>Nach einem langwierigen unverſtaͤndli-<lb/>
chen Miſchmaſch, kam alles an Ort und<lb/>
Stelle. Der Herr Braͤutigam hatte ſich ent-<lb/>ſchuldigen laßen. Sein Fuͤrſprecher war<lb/>
Junker Peter, der Muͤckentodtdruͤcker, Tin-<lb/>
chens Bruder, der mit feurigen Roß und<lb/>
Wagen angekommen war. Man hoͤrt es den<lb/>
Pferden an, daß ſie bey einem Braͤutigam<lb/>
im Dienſt ſind, ſagte Herr v. W — und<lb/>
that ſehr zufrieden, daß der Herr Schwie-<lb/>
gerſohn in Ruͤckſicht der Pferde die Etikette<lb/>
als Braͤutigam nicht verfehlet; was aber<lb/>
Ihn ſelbſt betraf, oh! das war ihm zu uner-<lb/>
traͤglich, als daß er uͤber dieſe curſche Denk-<lb/>
art ſeinen Unwillen nicht aͤuſſern ſollen. Die<lb/>
Stimme iſt Jacobs, die Haͤnde Eſaus, ſagte<lb/>
der gute Herr v. W — ohne zu bedenken,<lb/>
daß er dem Jacob, den er mit den kecken<lb/>
Braͤutigams-Pferden verglich, eben keine<lb/>ſonderliche Ehre erwies. Wie doch alles in<lb/>
der Welt durch Mißverſtaͤndniſſe geſchlaͤngelt<lb/>
wird! Ich weiß nicht, ob meine Leſer ſich<lb/>
noch an den ſonſt unbetraͤchtlichen Umſtand<lb/>
des vermeintlichen Todes des D. Safts erin-<lb/>
nern, welche meine betruͤbte Suͤndenfalls-<lb/>
Krankheit im vierzehnten Jahre veranlaßte<lb/>
und was fuͤr Kreutzwege giengen nicht aus<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dieſer</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[462/0470]
Nach einem langwierigen unverſtaͤndli-
chen Miſchmaſch, kam alles an Ort und
Stelle. Der Herr Braͤutigam hatte ſich ent-
ſchuldigen laßen. Sein Fuͤrſprecher war
Junker Peter, der Muͤckentodtdruͤcker, Tin-
chens Bruder, der mit feurigen Roß und
Wagen angekommen war. Man hoͤrt es den
Pferden an, daß ſie bey einem Braͤutigam
im Dienſt ſind, ſagte Herr v. W — und
that ſehr zufrieden, daß der Herr Schwie-
gerſohn in Ruͤckſicht der Pferde die Etikette
als Braͤutigam nicht verfehlet; was aber
Ihn ſelbſt betraf, oh! das war ihm zu uner-
traͤglich, als daß er uͤber dieſe curſche Denk-
art ſeinen Unwillen nicht aͤuſſern ſollen. Die
Stimme iſt Jacobs, die Haͤnde Eſaus, ſagte
der gute Herr v. W — ohne zu bedenken,
daß er dem Jacob, den er mit den kecken
Braͤutigams-Pferden verglich, eben keine
ſonderliche Ehre erwies. Wie doch alles in
der Welt durch Mißverſtaͤndniſſe geſchlaͤngelt
wird! Ich weiß nicht, ob meine Leſer ſich
noch an den ſonſt unbetraͤchtlichen Umſtand
des vermeintlichen Todes des D. Safts erin-
nern, welche meine betruͤbte Suͤndenfalls-
Krankheit im vierzehnten Jahre veranlaßte
und was fuͤr Kreutzwege giengen nicht aus
dieſer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/470>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.